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Ausstellungsreihe "Re-Discovery" im Autocenter: Die Kunst der Wiederentdeckung

Die Ausstellungsreihe "Re-Discovery" im Projektraum Autocenter lässt Kunst zweier Generationen aufeinandertreffen: Ivan Kožarić und Carla Filipe.

Manchmal werden Künstlerentdeckungen zum Format. Die im Frühjahr begonnene Ausstellungsreihe „Re-Discovery“ im Projektraum Autocenter lässt Kunst zweier Generationen aufeinandertreffen. Für das von der Kulturstiftung des Bundes geförderte Projekt wurden fünf Kuratoren eingeladen, dialogische Ausstellungen zu konzipieren, in denen gleichsam Wiederentdeckungen unbekannter Künstler thematisiert werden. In ihrer dritten Ausgabe begegnen sich nach diesem Prinzip Ivan Kožarić und Carla Filipe.

Den 1921 geborenen und in Zagreb lebenden Kožarić als gänzlich unbekannt zu bezeichnen, wäre falsch. 2002 konnte man seine Arbeiten auf der Documenta sehen, 2013 widmete ihm das Haus der Kunst in München eine Ausstellung. Wiederentdeckt wird im nördlichen Europa gerade die kroatische Avantgarde, ihr radikaler Konzeptualismus, auch ihr verlockendes Marktpotential. Dass Kožarić selbst kein Name ist, der deutschen Museumsbesuchern sofort auf der Zunge liegt, hat damit zu tun, dass das Zagreber Museum für Gegenwartskunst sein Studio und große Werkbestandteile aufgekauft und damit vom internationalen Kunstmarkt ferngehalten hat.

Ivan Kožarić: Unkonventionell und komplex

Gezeigt werden über dreißig, am Boden und auf kleinen Sockeln arrangierte Objekte und eine Pastellzeichnung, die auf reizvolle Weise einen Eindruck vermitteln, wie unkonventionell und komplex Kožarićs Arbeit bis heute ist. Man erfährt, wie er die Tradition der modernen Plastik und das Künstlerdasein hinterfragt, Linearität und Formalismus, die sein Werk statisch werden lassen könnten, vermeidet, wie Freiheit in Systemen aussehen kann.

Man sieht vergoldete Abformungen von Leerräumen, kopulierende Tiere, Suppe aus zerknülltem Papier, ein Porträt aus gerolltem Papier, Materialsammlungen, verpackt und fest verknotet in Bündeln aus buntem Stoff. Köpfe werden buchstäblich auf den Kopf gestellt, ein Bronzeporträt ist mit geometrischen, goldglänzenden Fragmentierungen versehen.

Carla Filipes Plakate und Collagen rahmen Kožarićs Arbeiten

Aber warum muss man ihn in einen Dialog mit Carla Filipe bringen? Denn „anscheinend“, so der Text zur Ausstellung, „ist nichts den Werken von Kožarić und Felipe gemeinsam“. Felipes Plakate und Collagen, die streng architektonische an drei Seiten des Raumes angebracht sind, rahmen die Kleinplastiken von Kožarić.

Die 1973 in Porto geborene Künstlerin beschreibt in dem Zyklus „As Primas da Bulgária“ die Geschichten portugiesischer Studenten, die nach der Revolution 1974 ihr Land Richtung Bulgarien verließen. Wie Wandzeichnungen beklebt, bedruckt und mit breitem Pinsel beschriftet, erinnern die Arbeiten an den Aufstand und die Verheißung, erzählen von sozialen Verflechtungen und dem Erinnern. Der kleinste gemeinsame Nenner scheint der Sozialismus zu sein. Es ist wunderbar, Kožarić zu entdecken, doch am Ende bleibt zu hoffen, dass das Format der Wiederentdeckung seine Künstler nicht schluckt.

Autocenter, Leipziger Straße 56; bis 13. 12., Do–Sa 16–19 Uhr

Annika Karpowski

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