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Bachmann-Preis: Autoren im Ring

In seinem 30. Jahr ist der Ingeborg-Bachmann-Preis aller Kritik zum Trotz längst zur festen literarischen Institution geworden.

Klagenfurt - Tränen, Blut und jede Menge Worte: Das Wettlesen um den Ingeborg-Bachmann-Preis in Klagenfurt in Österreich ist eines der spektakulärsten Foren für Literatur im deutschsprachigen Raum - nicht zuletzt wegen der großen Öffentlichkeit durch die Fernseh-Übertragungen. Junge Talente hoffen auf eine Eintrittskarte ins literarische Establishment, etablierte Autoren wollen es noch einmal wissen und stellen sich den öffentlichen Jurydebatten.

Ein wenig zu gefestigt, finden manche Beobachter. Denn spektakuläre Auftritte sind selten geworden bei dem dreitägigen Wettbewerb, der nach der bekannten österreichischen Schrifstellerin Ingeborg Bachmann (1926-1973) benannt ist. 23 Jahre ist es etwa her, dass sich Rainald Götz mitten in seiner Lesung mit einer Rasierklinge die Stirn zerschnitt und blutüberströmt weiter las. Heute regiere die Anpassung, das Schielen auf positive, freundliche Selbstdarstellung, ist von Veteranen zu hören.

In stetem Wechselspiel gerieten im Laufe der Jahre mal die Qualität der Texte, mal die Jury selbst ins Kreuzfeuer. Da wurde bemängelt, dass kaum ein Unterschied im literarischen Niveau zwischen dem Wettbewerb und der «Häschenschule», dem begleitenden Literaturkurs für junge Talente auszumachen sei. In der Tat gab es Jury-Debatten, die nach fünf Minuten zu Ende waren, weil den Juroren zum Gebotenen einfach nichts mehr einfiel.

Daraufhin wurde das Reglement dahin gehend geändert, dass nur mehr Autoren zugelassen wurden, die bereits Texte veröffentlicht hatten. Das wiederum rief den Einwand hervor, dass Außenseiter keine Chance hätten und die Marktgesetze der Buchbranche in die Auswahl der Kandidaten hinein regiere. Ein anderes Mal wieder gerieten die Kritiker unter Beschuss, wenn die Debatten in ein akademisches Oberseminar mündeten.

Unbeabsichtigte Härte

Fehlende Schärfe in einem Jahr, wo selbst schwache Texte noch freundlich gelobt wurden, wechselte mit unangemessener Schärfe im nächsten Jahr, wenn eben noch siegessicheren Teilnehmern angesichts vernichtender Urteile die Tränen in die Augen stiegen. Die Juroren räumen ein, dass man sich durchaus im Eifer des Gefechts - und mit Schielen auf eine schöne rhetorische Pointe - zu unbeabsichtigter Härte versteigen kann. «Manchmal will man schon etwas zurücknehmen», gibt der Wiener Juror Klaus Nüchtern zu.

Auch Fehlurteile muss sich das Klagenfurter Rund vorwerfen lassen: Arno Geiger etwa, der mit seinem Romanauszug 2004 bei der Jury durchfiel, erhielt für das fertige Werk «Es geht uns gut» ein Jahr später in Frankfurt/Main den ersten Deutschen Buchpreis. Ebenso heimste Juli Zeh, die dem Literatur-Ring 2004 arg zerzaust entstieg, für das veröffentlichte Werk später viel Lob von Kritik und Publikum ein.

"Betriebsausflug der Literaturszene"

Trotz der immer währenden Kritik am «schönsten Betriebsausflug der Literaturszene» und trotz der Unkenrufe, der Wettbewerb habe sich überlebt, gibt es bei den Veranstaltern keinen Zweifel an einer Zukunft. «Klagenfurt ist die Champion's League der deutschsprachigen Literatur», meint Willy Mitsche, Landesdirektor Kärnten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ORF. Und Hauptsponsor Telekom hat einen neuen Vertrag über zehn Jahre abgeschlossen.

Für Teilnehmer und vor allem Preisträger war Klagenfurt jedenfalls in den meisten Fällen ein Gewinn. Zwar schimpfen Ehemalige darüber, dass das Auftreten und die persönlichen Vorlieben der Juroren die Debatten mehr bestimmt hätten als die Texte. Viele fühlten sich auch missverstanden und konnten Jurydiskussionen überhaupt nicht nachvollziehen. Aber vom Etikett «Bachmannpreis-Teilnehmer» erhoffen sich Kandidaten nach wie vor einen Türöffner-Effekt in der Literaturszene. «Als Schriftsteller brauche ich Aufmerksamkeit für meine Arbeit», meint etwa der österreichische Kandidat Hanno Milesi: «In Klagenfurt dabei zu sein, ist allein schon gut.» (Von Irmgard Schmidmaier, dpa)

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