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Bariton Matthias Goerne singt Schumann: Das Wunder der leisen Tönen

Es war ein faszinierender Abend im Kammermusiksaal mit Liedern von Robert Schumann. Bariton Matthias Goerne schaffte ein kleines gesangliches Wunder, mit dem er das Publikum bannte.

„Sehr langsam“ hebt das Konzert an, und der wunderbare Pianist Piotr Anderszewski malt glasklar das wehmütige Vorspiel, bevor der Sänger einsetzt: „Mein Herz ist schwer.“ Damit wird die Grundstimmung angezeigt, die diesen faszinierenden Abend mit Liedern Robert Schumanns erfüllt und alles, was Matthias Goerne singt, zu einer Einheit bindet. Von dem Eröffnungslied auf einen Text Lord Byrons (deutsch von Julius Körner) geht es über nachdenkliche Vertonungen aus Opus 36 zum Hauptstück des Programms: dem Eichendorff-Liederkreis Opus 39.

Es ist der Gipfel Schumannschen Liedschaffens, eigenartig introvertiert, zugleich bestimmend für das Bild deutscher musikalischer Romantik. Das Wunder besteht darin, dass Matthias Goerne die Gesänge eines Einsamen zur Mitteilung an seine Zuhörer macht, ohne sentimental, manieristisch oder raunend tiefsinnig zu werden. Von Gestalt ein bisschen korpulent geworden bei ausholender Körpersprache, bannt er das Publikum sofort mit der sehr zurückhaltenden Tongebung seines weich strömenden Baritons.

Davonzuschweben scheint der Klang in der „Mondnacht“. Was für eine geheimnisvolle Aura „oben in der stillen Klause“ in dem Lied „Auf einer Burg“! Wie viel Piano und Pianissimo und „Zart, heimlich“ und erfüllte Langsamkeit! Kein aufgesetzter Nachdruck, wie er oft zu hören ist, betont den Rat „Hüte dich, sei wach und munter!“ im „Zwielicht“, einem der unheimlichsten Eichendorff-Gedichte.

Matthias Goerne steht für musikalische Intelligenz

Der Klaviersatz, auch im Heine-Zyklus Opus 24, ist Spiegelbild der Melodie und bei Piotr Anderszewski tonangebend. „Träumend wandle ich bei Tag“ seufzt sein Nachspiel des ersten Liedes, dieser beredte Klavierpartner ist Gold wert. Er ist als Sohn polnisch-ungarischer Eltern in Warschau geboren und findet als Solist von Sinfonieorchestern und mit Soloprogrammen, auch bei den Berliner Philharmonikern, in Musikmetropolen internationale Anerkennung.

Matthias Goerne aus Weimar, ausgebildet in Leipzig sowie bei Fischer-Dieskau und Elisabeth Schwarzkopf, Salzburg-Debütant 1997 als Achim Freyers komödiantisch-weiser Papageno, steht auf den Bühnen und Konzertpodien für musikalische Intelligenz. Als Liedersänger hat er sich an der Seite von Pianisten wie Alfred Brendel weiterentwickelt und ist damit den Weg seines Lehrers Fischer-Dieskau gegangen. Seine Liedinterpretation klingt auch bei fragilen Inhalten gesund und stark, wenn er sich auf die Nachtseite der Romantik begibt. Das Heine-Lied „Du bist wie eine Blume“ bleibt die einzige, passend stille Zugabe im Kammermusiksaal.

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