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Bayreuther Festspiele: Späte Versöhnung bei Familie Wagner?

Diskutiert wird über Personal und künstlerische Konzepte. Doch hinter dem Tauziehen um die Leitung der Bayreuther Festspiele verbirgt sich auch ein menschliches Drama.

Der Bruch zwischen Festspielchef Wolfgang Wagner (88) und seiner Tochter Eva Wagner-Pasquier (63) beherrscht das Umfeld der Bayreuther Festspiele. Wie in Richard Wagners "Ring des Nibelungen" Göttervater Wotan seine Lieblingstochter Brünnhilde verstößt, so hat auch Vater Wolfgang vor 32 Jahren seine Tochter Eva verstoßen. Nun könnte es zu einer späten Versöhnung kommen, denn der greise, gesundheitlich angeschlagene Wolfgang Wagner hat erkennen lassen, dass er Eva gerne wieder zurückholen würde nach Bayreuth - in einer Tandemlösung mit seiner Tochter aus zweiter Ehe, Katharina Wagner (29). Der Schlüssel für ein Happy End auf dem "Grünen Hügel" liegt nun bei Eva Wagner-Pasquier.

Die erfahrene Opernmanagerin, die am Montag ihren 63. Geburtstag feierte, steht vor der vielleicht schwierigsten Entscheidung ihres Lebens. Sie wurde vom Vater tief verletzt - erst 1976, als sie sich bei der Scheidung Wolfgang Wagners von seiner ersten Ehefrau Ellen Drexel auf die Seite der Mutter stellte und in Bayreuth von einem Tag auf den anderen vor die Tür gesetzt wurde; und dann wieder 2001, als der Stiftungsrat sie bereits zur neuen Festspielchefin bestimmt hatte und ihr Vater sie daraufhin öffentlich als völlig unfähig bezeichnete und sich weigerte, seinen Platz für sie zu räumen.

Wolfgang Wagner möchte seinen Frieden machen

Erst der überraschende Tod von Wagners zweiter Ehefrau Gudrun am 28. November 2007 hat die Mauern bröckeln lassen. Gudrun Wagner war die eigentliche Herrscherin über die Festspiele und galt vielen als mitverantwortlich für die totale Entfremdung zwischen Wolfgang Wagner und seiner ersten Familie. Es könnte sein, dass der 88-Jährige nun seinen Frieden machen möchte. In der vergangenen Woche deutete er die Tandemlösung in einem Brief an den Stiftungsrat an. Der bayerische Kunstminister Thomas Goppel (CSU) ergriff die unverhoffte Gelegenheit und fragte brieflich bei Eva und Katharina an, ob die beiden sich das denn vorstellen könnten.

An Katharina Wagner würde das Tandem nicht scheitern, im Gegenteil, sie hielte es für eine "sehr gute Lösung", wie sie der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" sagte: "Es gibt eine schwesterliche Affinität." Die 29-Jährige hätte wenig zu verlieren, denn sie hat ebenso wie ihr Vater einsehen müssen, dass ihre ursprüngliche Bewerbung, für die sie sich mit dem Dirigenten Christian Thielemann und dem Opernmanager Peter Ruzicka zusammengetan hat, im Stiftungsrat der Festspiele auf wenig Gegenliebe stößt.

Wenig Chancen für Doppelspitze aus Nike Wagner und Eva Wagner-Pasquier

Eva Wagner-Pasquier, die sich - im Gegensatz zu Halbschwester Katharina und der dritten Bewerberin, Cousine Nike Wagner (62) - kaum jemals in der Öffentlichkeit äußert, steckt dagegen doppelt in der Klemme. Denn sie hat dem Stiftungsrat bereits gemeinsam mit Nike ein Konzept zur künftigen Festspielleitung vorgelegt, wie der Stiftungsrats-Vorsitzende Toni Schmid bestätigt. Einer solchen Doppelspitze aber würde Wolfgang Wagner gewiss nicht zustimmen.

Vollends unmöglich schließlich erscheint eine Dreierlösung mit Eva, Katharina und Nike. "Das gäbe Auseinandersetzungen ohne Ende und keine Linie für ein neues Bayreuth", sagte Nike Wagner. Die Leiterin des Weimarer Kunstfestes könnte deshalb nun die große Verliererin sein. Sie beklagt, Eva werde vom Stiftungsrat zum "Wortbruch" gedrängt. An das Versöhnungsszenario glaubt sie nicht. "Kalkül regiert. Und wird mit neu entdeckter familiärer Sentimentalität überschmiert", sagte sie der FAZ. "Nach zwei bis drei Jahren scheidet Eva aus - und dann haben wir Katharina forever."

Mäzen Schmidt: "Wir brauchen eine neue Festspielleitung"

Der Druck, der auf Eva Wagner-Pasquier lastet, ist groß. Am 29. April tagt der Stiftungsrat. "Wir brauchen eine neue Festspielleitung", sagt der Vorsitzende der einflussreichen Mäzene "Gesellschaft der Freunde von Bayreuth", Karl Gerhard Schmidt, beschwörend. Er hofft, dass vielleicht schon auf der nächsten Sitzung die Weichen dafür gestellt werden können. Denn auch die finanzielle Situation der Festspiele ist schwierig, an höheren öffentlichen Zuschüssen führt kein Weg vorbei. Der Stiftungsrats-Vorsitzende Toni Schmid warnt freilich davor, zu großen Druck aufzubauen und von der Sitzung am 29. April den Durchbruch zu erwarten. "Das wird sicher nicht die alles entscheidende Sitzung, auf der die Nachfolge festgelegt wird", sagte er.

Stephan Maurer[dpa]

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