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Kultur: Beifall für Blondie

Notizen aus der deutschen Provinz: „Befreite Zone“ von Norbert Baumgarten

Das Fernsehen dachte sich das so: Da ist also ein bisschen Osten, da wo er am provinziellsten ist. Und in der Provinz wohnen die Provinzler. Da kommt ein schwarzer Fußballer. Na? Schrecken. Tragödie. Regisseur Norbert Baumgarten, geboren 1973, zeigte sich irritiert. So etwas kann vielleicht drehen, wer zu viel Zeitung gelesen hat. Aber doch nicht er. Nicht jemand, der den Osten und die Provinz kennt, dort wo sie am provinziellsten sind. Baumgarten kommt aus Bautzen. Er ist ganz nahe dran.

„Befreite Zone“ ist sein erster Spielfilm. Die Provinz und den schwarzen Fußballer hat er behalten. Aber sonst nichts. Die Tragödie ist eine Komödie geworden, schon weil nur Komödien wirklich ernst sein können. Er hat eine ganze Kleinstadt bevölkert. „Befreite Zone“ hat lauter HauptNebendarsteller. Die braucht man, um zu zeigen, dass keiner ist, was er scheint. Und in kleinen Städten schon gar nicht.

Höchstens Blondie ist, was er scheint. Blondie ist der schwarze Fußballer, und natürlich lieben sie ihn. Denn Blondie, der eigentlich Ade Banjo heißt, bringt den Aufschwung Ost. Sässlen – das ist die provinziellste Provinz – steigt unaufhaltsam auf. Sogar ein erfolgloser Staubsaugervertreter (grandios wie immer: Axel Prahl) bekommt jetzt eine zweite Chance, ein zweites Leben: als Fanartikel-Unternehmer. Bis Blondie macht, was keine Provinz versteht und verzeiht. Er geht. Dorthin, wo die Welt größer ist. Und wo das Geld mehr ist. Als gäbe es noch eine Welt neben und nach Sässlen.

Florian Lukas und Daniela Hoffmann spielen auch mit. Baumgarten muss ja nicht nur ein paar Figuren beleben, sondern eine ganze Stadt. Wegen der Genauigkeit. Auch wegen der Genauigkeit des Umschlags. Und weil man, wenn man schon etwas über den Osten erzählt, es dann richtig erzählen sollte. Es ist dann auch ein recht sympathischer Film geworden, sympathisch in seinen Wahrnehmungen. Allein der Name Blondie für den schwarzen Sässlener Superstar trifft punktgenau.

Ein gelungener Film ist „Befreite Zone“ trotzdem nicht. Vielleicht macht er den typischen Fehler vieler Erstlingswerke, auch wenn er das gut begründen kann: Völlerei. „Befreite Zone“ findet keinen souveränen Rhythmus, Baumgarten verfängt sich in der Vielzahl seiner Personen und Motive. So dass am Ende sogar passiert, was dieser Film um jeden Preis vermeiden wollte: Er wirkt plakativ. Man hätte es ihm und uns gewünscht, aber Sässlen hinterlässt keine Spuren.

In Berlin in den Kinos Broadway, Central, Filmtheater am Friedrichshain, York und New Yorck

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