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Kultur: Berg und Tal

Forum: Provinzgeschichten in „Durchfahrtsland“

Pfarrer Dümmer betreibt in verfeindeten Gemeinden Dörferverständigung. Mark, der jüngste im Junggesellenverein, pinselt zu Hause à la van Gogh und träumt von einer Zukunft als Friseur. Und Giuseppe hat seiner rheinisch-italienischen Pizzabäckerfamilie für Spielmannszug und Bundeswehrkarriere den Rücken gekehrt. Das Vorgebirge ist ein Höhenzug am Rande der Köln-Bonner Bucht. Tagsüber schaut man auf Rheinebene und Dom, nachts blinken die Lichter der Chemiefabriken. Doch kulturell dominieren zwischen den glattsanierten Dorffassaden immer noch Maiköniginnen und Schützenfeste – so sehen provinzielle Parallelwelten deutscher Leitkultur aus.

Regisseurin Alexandra Sell, 1968 in Hamburg geboren, kam vor einigen Jahren mit der Straßenbahn in diese Welt. Eine distanziert neugierige Sympathie prägt ihren Film „Durchfahrtsland“, der das Leben einiger Vorgebirgler dokumentiert. Eine Kameraführung, die nie künstliche Nähe vorgibt. Eine fast teilnahmslos unterkühlte Musik. Sells wirkungsvollstes Kunstmittel jedoch ist eine begleitende Erzählstimme, die den Erlebnissen der Protagonisten bedeutungsvolle Kontinuität verleiht. Der märchenhafte Ton der Sprecherinnenstimme spielt dabei mit den trivialen Wendungen einer anderen Protagonistin: der Lokal-Kriminalautorin Sophia Rey, die ihre Bücher wie „Der Maskenmann. Mord am Rosenmontagszug“ im Kleinwagen vertreibt. In ihrem Dorf selbst wird Rey nicht mehr gelesen. Der Erfolg sei ihr zu Kopf gestiegen, sagt man.

Heute, 19.30 Uhr (Cinestar 8); morgen, 14 Uhr (Delphi); Sonnabend, 15.30 Uhr (Cinemaxx3); Sonntag, 17.30 Uhr (Arsenal)

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