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Den Kosmos hat sie im Blick: Björk

© dpa

Berlin Festival: Björk zwischen Himmel und Erde

Das Berlin Festival bringt Björk, Casper und Fritz Kalkbrenner aufs Tempelhofer Feld. Die Isländerin singt mit eine Frauenchor und überführt ihr ambitioniertes Klangkunstwerk im zweiten Teil in ein Clubkonzert.

Eine Schneeflocke schwebt über das Tempelhofer Feld. Weder der warme Sommerabend noch Blitze, Nebelfontänen und Feuersäulen können ihr etwas anhaben. Wie wunderbar die Flocke singt! Ja, unter diesem runden glitzernden Kopfschmuck muss wohl Björk stecken. Ihr Gesicht ist nicht zu erkennen, aber ihre Stimme und das rollende R verraten sie sofort.

Dass die 47-jährige Isländerin das Berlin Festival als letzte Station ihrer „Biophilia“-Tour ausgewählt hat und hier ihr einziges Deutschlandkonzert in diesem Jahr gibt, ist neben dem grandiosen Auftritt von Blur am Vortag der zweite große Coup der Festivalmacher. Björk hat zwar nicht alle der extra für das Projekt angefertigten Instrumente mitgebracht, dafür aber einen zwölfköpfigen Frauenchor. Mit ihm hebt die Sängerin gleich zu Beginn in kosmische Höhen ab.

„Cosmogony“ dreht sich um diverse Schöpfungsmythen und ist ein Kernstück des 2011 erschienenen App-Albums „Biophilia“, bei dem es um die Verbindung von Natur, Musik und Technologie geht. Also sieht man auf den Bildschirmen mal den Mond, mal den Meeresboden, dazu tackern Xylophone, Harfen und minimalistische Beats, von der Decke schwebt eine riesige, blitzende Tesla-Spule herab. Dabei entsteht tatsächlich eine organische Verbindung der Elemente, was mitunter mehr einer elaborierten Klanginstallation als einem Popkonzert gleicht.

Glücklicherweise hat Björk den Kontakt zur Mutter Erde nicht ganz abgebrochen und kehrt immer wieder in melodische und tanzbare Gefilde zurück. Geradezu erlösend schön steigert sich ihre Stimme bei „Jóga“ in die Zeile über den „State of Emergency“ hinein und versinkt bei „Army of Me“ lustvoll in den schnaufenden Industrialbeats. Die Chorsängerinnen werden zu Tänzerinnen, Björk zur Zeremonienmeisterin im Club. Mit diesem Verweis auf ihre Soloanfänge ist sie ganz in der Gegenwart, ganz auf der Tanzfläche – eine perfekte Überleitung zum nach ihr auftretenden Fritz Kalkbrenner. Der Berliner Sänger, Produzent und DJ legt ein super Set hin, mit dem er das ganze Tempelhofer Feld zum Tanzen bringt. Bei Hits wie „Get a Life“ und „Right in the Dark“ fragt man sich, wieso sein älterer Bruder Paul eigentlich immer noch der Bekanntere ist.

Die Stimmung vor der Hauptbühne ist jetzt endlich so, wie sich ein anderer Berliner das schon ein paar Stunden zuvor gewünscht hätte: Benjamin Griffey alias Casper feuert die Menge frenetisch an, aber so richtig doll springen mag sie nicht zu seinen Stücken über Grizzlys und Ascheregen. Trotzdem: eine sympathische Performance des Emo-Rappers mit der brüchigen Stimme.

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