zum Hauptinhalt

Berlinale: Hell und dunkel

"Niemand ist vergleichbar": Scarlett Johansson und Natalie Portman stellen sich bei der Berlinale der Presse, lächeln beide, loben sich. Die Darstellerinnen von "Die Schwester des Königs" könnten jedoch nicht unterschiedlicher sein - eine persönliche Begegnung mit beiden.

Wäre Natalie Portman nicht Natalie Portman, auf der Straße könntest du sie glatt übersehen. Hellbraunes, halblanges Haar, bisschen strähnig im Auslauf, verwuschelter Seitenscheitel, dunkle Klamotten – ja, so könnte sie gerade aus der Mensa der Hebrew University in Jerusalem ins nächste Psychologie-Seminar huschen, den Bachelor-Abschluss fest im Blick. Okay, nur der dunkelrote Nagellack wirkt jetzt ein bisschen exzentrisch. Du könntest sogar sagen: Er stört.

Nicht dass sie dir nicht aufgefallen wäre vor nunmehr 14 Jahren, als sie die kleine Supermutige war in „Leon – Der Profi“, aber Fan bist du erst drei Jahre später geworden, sehr plötzlich, so wie man Fan wird, und dann lässt das einen, da mag man irgendwann auch drüber zu lächeln beginnen, nicht mehr los. Da stand sie, mittlerweile 14, als Nachbarsmädchen in Ted Demmes „Beautiful Girls“ immer am Zaun rum, um den jungen Musiker von nebenan abzufangen, der in seinen winterlichen Heimatort zurückgekehrt war für kurze Zeit. In diesem feinen Buddy-Movie hatte sie nur ein paar Szenen, aber wie ihr Gesicht da tanzte vor lauter Verlegenheit und Schwärmen, das hast du später im Kino nie wieder so gesehen. Dieses „Mädchen von nebenan“-Gesicht hat Natalie Portman immer noch: Nach all dem Ruhm ist das nichts Geringeres als ein Wunder.

Scarlett Johanssson müsste gar nicht Scarlett Johansson sein, aber auf der Straße wäre sie unmöglich zu übersehen. Jedenfalls so, wie sie zurechtgemacht ist jetzt, Seite an Seite mit ihrer Filmpartnerin: leuchtend blondiertes, dauergewelltes Haar, prächtiges Make Up auf prächtigem Gesicht, feine blumengemusterte Bluse und ein Riesengoldklunker am Ringfinger der linken Hand. Von Frauen ("Glamour“) und Männern ("FHM“) gleichermaßen zur sexiesten Frau der Welt gewählt, thront sie bereits mit 23 auf dem Gipfel ihres Ruhms – eine Prinzessin, eine Diva, eine Göttin. Kann man da etwas anderes als Fan sein?

Entdeckt hast du sie nicht in Robert Redfords „Pferdeflüsterer“, da war sie 14, denn Filme über Kinder, die über Reitunfälle hinwegzukommen trachten, sind eher nichts für dich. Wohl aber, wie alle, fünf Jahre später in Sofia Coppolas „Lost in Translation“: Da spazierte sie in das Festival von Venedig und eroberte jeden im Sturm. Eine sehr jungverheiratete Frau, verloren in Tokio, und dann zieht sie mit dem Melancholiker Bill Murray durch die Stadt; seitdem hast du, wie sich das für Fans gehört, auch ihre mittleren Filme eher nicht verpasst. Nur: Wie passt diese Diva noch zu ihren Rollen?

Tatsächlich, Natalie Portman könnte als die bescheidene Agentin dieser makellosen, ausflugsweise ins irdische Jammertal herabgestiegenen Schönheit durchgehen, aber das macht ihr ganz und gar nichts aus. Die beiden bewerben sehr geschwisterlich den Film „The Other Boleyn Girl“, in dem sie Schwestern spielen, die um die Gunst des unerfreulichen Königs Heinrich VIII. buhlen, sie geben im Zwanzigminutentakt Interviews vor Zehnergruppen, und sie fallen sich nicht ins Wort. Eher geben ihre Stimmen – Portmans hell und klar, die Johanssons etwas tiefer und rauher – ein entspanntes Wechsel-Duo mit verteilten Rollen: hier das coole City-Kid (so nennt Portman Johansson) und dort das Vorstadtmädchen (so nennt Portman sich selbst).

Was sie sagen? Willst du es wirklich wissen? Also: Komplimente (übereinander). Bisschen Kritisches (über das „inzestuöse“ Filmgeschäft). Johansson: „Ich bin ein kreativer Mensch.“ Portman: „Ich hasse message movies.“ Johansson: „Männer konkurrieren extrem miteinander.“ Portman: „Benedict Cumberbatch“ (das ist der Name eines Nebendarstellers, den sie auf Geheiß von Johansson rühmend erwähnen soll). Johansson: „Beide Schwestern haben einen starken Willen.“ Portman: „Niemand ist vergleichbar.“

Ja, niemand ist vergleichbar, erst recht nicht Scarlett Johansson mit Marilyn Monroe und Natalie Portman mit Audrey Hepburn, oder? (Obwohl das alle tun.) Und noch viel weniger Scarlett Johansson mit Natalie Portman, oder? Was bedeutet es schon, dass Portman ein Drittel mehr Google-Einträge hat (fast zehn Millionen) als die drei Jahre jüngere Johansson? Was macht es schon, dass Portman sich für Hillary einsetzt und Johansson eher für Obama, solange keine für McCain ist? (Obwohl, Johanssons Lächeln im Obama-„Yes We Can“-Video könnte noch die Vorwahlen entscheiden.)

Vergleichen wir also die Filmschwestern nicht mehr, sehen wir nur hin. Natalie Portman lacht viel. Ihr Blick kann wunderbar leuchtend werden. Scarlett Johansson lässt – gelangweilt oder nervös – ein Stück Plastik durch die Finger gleiten. Und als es um Drogenerfahrungen geht, die Portman strikt von sich weist, bleibt Johansson eher allgemein. Dann sagt Portman, deren bewegtes Gesicht auch Schmerzerfahrung und winzige Bitterkeiten nicht verleugnet, etwas über ihre „guten“ Eltern, spricht sogar davon, beschützt zu sein. Johansson schweigt dazu, der Smalltalk perlt sowieso weiter, aber für den Bruchteil einer Sekunde ist da ein Kräuseln auf der makellos geschminkten Stirn. Neinnein, dieses Kräuseln, auch das hast du nur geträumt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false