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Auf der Berlinale unterwegs: Harald Martenstein.

© Thilo Rückeis

Berlinale-Kolumne: Martenstein, die achte: Es gab gute Filme

Ich möchte der Erste sein, der ein Fazit der 62. Berlinale zieht. Es gab gute Filme. Stars waren anwesend. Und es war kalt gewesen. Was habe ich gelernt?

Sonderbarerweise rauchten die Menschen in fast allen Filmen dieser Berlinale. Erste Erkenntnis: Die internationale Filmkunst hat die Zigarette wieder entdeckt. Außerdem waren in vielen Filmen Wälder zu sehen. In „Captive“ marschiert Isabelle Huppert schwitzend durch den Dschungel. In „Barbara“ vereint Nina Hoss sich auf dem Waldboden mit ihrem Geliebten. In „Jayne Mansfield’s Car“ stolpert Robert Duvall im LSD-Trip durch den Wald. In „Was bleibt“ sucht Lars Eidinger im Wald nach seiner Mutter. Zweite Erkenntnis: Im Wald kann man wahnsinnig viele Sachen machen.

Was es nicht mehr zu geben scheint, sind französische Filme, in denen pausenlos geredet wird. Adieu, Eric Rohmer und Godard. Stattdessen haben sie in Frankreich endlich mal einen Stummfilm gemacht. Der Redefilm kam aus Deutschland. In dem Anti-Intellektuellenfilm „Angriff auf die Demokratie“ von Romuald Karmakar sieht man nacheinander neun Intellektuelle, Harald Welzer, Roger Willemsen, Franziska Augstein und so weiter. Jeder Intellektuelle kritisiert aus Anlass der Eurokrise genau zehn Minuten lang die Gesellschaft. Alle sagen, es geht so nicht weiter, wir müssen was machen. In der Mitte des Films sieht man dann sechs Minuten lang Ziegen, die schweigend Gras fressen. Dritte Erkenntnis: Ziegen reden nicht, Ziegen tun was.

Auf dem Weg zum Kino sprach mich eine Frau an. Sie sagte: „Ihr letztes Konzert war atemberaubend. Wo holen Sie bloß diese hohen Töne her?“ Ich sagte: „Das weiß ich auch nicht. Die hohen Töne kommen einfach.“ Es gibt wahnsinnig viele Verrückte auf so einer Berlinale. Am nächsten Tag begegneten mir zwei Männer mit Anzügen, sie sagten: „Wir machen die Tournee, oder?“ Ich sagte, alles klar, bucht die Hotels. Aber als dann ein weiterer Typ mich ansprach, der wissen wollte, wie meine letzte Platte sich verkauft, habe ich zurückgefragt. Seitdem weiß ich, dass ich aussehe wie der Zwillingsbruder eines britischen Heldentenors, der Drummond Walker heißt. Der letzte Typ war sogar ein enger Freund von ihm, er sagte, ich müsse ein Klon sein von diesem Walker. Das war meine vierte Erkenntnis.

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