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Berlinale: Martenstein die Neunte

Harald Martenstein kennt die Regeln des Misserfolgs

Den Goldenen Bären wird, vermutlich, entweder „Bal“ aus der Türkei gewinnen, oder „Der Räuber“ aus Deutschland/Österreich, oder „Zeit des Zorns“ aus dem Iran, oder Roman Polanski. Ich bin für Polanski.

Inzwischen sind die Entscheidungen gefallen. Die Jury hat, damit sie genug Zeit zum Beraten hat, die Filme der letzten beiden Tage schon vorab gesehen. Im Laufe des Freitags werden die Preisträger angerufen und es werden ihnen Schweigegelübde abgenommen. Fatih Akin hat erzählt, dass er, als er für „Gegen die Wand“ den Goldenen Bären bekam, am Freitagabend auf einer Party war, alle haben ihm für den nächsten Tag Glück gewünscht, er schwieg eisern und hatte noch nie eine Party so sehr genossen wie diese.

Bei einem schlechten Film dürfen oft zu viele Leute mitreden. Alle zwei Tage kommt jemand, der etwas zu sagen hat, ein Koproduzent oder ein Redakteur, und will etwas. Wenn dagegen ein Regisseur weitgehend freie Hand hat, gibt es zwar keine Garantie, aber immerhin eine Chance, dass der Film gut wird. Zweite Misserfolgs-Regel: Man versucht, jedes Risiko zu vermeiden. Man möchte garantiert Erfolg haben, man möchte das Publikum keinesfalls überfordern oder irritieren. Als Ergebnis bekommt man, und zwar garantiert, Langeweile. Dritte Regel: Man möchte große Kunst herstellen oder einen Beitrag zur Lösung eines wichtigen Menschheitsproblems leisten. In Wirklichkeit kann man Kunst nicht planen, man kann mit Kunst auch keine Probleme lösen. Filme können also an zu viel Ehrgeiz genauso scheitern wie an zu wenig Ehrgeiz. Im Journalismus gilt übrigens das Gleiche.

Einen bestimmten Satz habe ich in dieser Woche täglich gehört. Dieser Satz ist Unsatz des Monats. Er soll auf deutschem Boden nie wieder ausgesprochen werden. Er lautet: „Haben Sie eigentlich schon eckige Augen?“

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