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Berliner Ensemble: Jahresprogramm der Salzburger Festspiele präsentiert

Intendant Jürgen Flimm präsentiert seine Salzburg-Pläne in Berlin gemeinsam mit Schauspielchef Thomas Oberender. Doch in die scheinbare Einigkeit mischten sich immer wieder Misstöne.

Im Rahmenprogramm wird Mozarts „Dissonanzenquartett“ gespielt, und von Harmonie kann auch sonst keine Rede sein: Zur Präsentation ihres Jahresprogramms für 2009 hatten die Salzburger Festspiele ins Berliner Ensemble eingeladen – doch in die Einigkeit, die Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler, Intendant Jürgen Flimm und Schauspielchef Thomas Oberender bei ihrem gemeinsamen Auftritt demonstrieren wollen, mischen sich immer wieder verbitterte Misstöne.

Frostige Mienen, geknurrte Nebensätze Flimms über die „harte Schule“ der letzten Monate, „so etwas in 40 Jahren am Theater noch nicht erlebt“ zu haben und schließlich das gequälte Gelöbnis, „man müsse sich jetzt wieder vertragen“, beweisen vor allem, dass die Wunden, die Flimms Auseinandersetzung mit Oberender im vergangenen Jahr und sein überraschender Karriereschwenk an die Berliner Staatsoper ab 2010 verursacht hat, noch heftig schmerzen. Und ebenso, dass die Vorwürfe künstlerischer Orientierungslosigkeit, die Salzburg unter Flimms Ägide vor allem in jüngster Zeit gemacht wurden, doch tiefer treffen, als der Theaterpatriarch zugeben will. Dass der „Spiegel“ in seiner aktuellen Ausgabe die Berufung des 67-Jährigen nach Berlin auch noch als Paradebeispiel für „den Führungsmangel im Theater- und Opernbetrieb“ anführt, „wo Großväter sich als unersetzliche Titanen gebärden“, wird die Stimmung im BE-Foyer ebenso wenig gehoben haben wie das Insistieren von Claus Peymann, der in seinem Grußwort hartnäckig mehr Wagemut und vor allem regelmäßige Uraufführungen fordert.

Zeit genug dürfte er haben

Ein bisschen ungerecht ist das schon, denn zumindest das Salzburger Opernprogramm für 2009 ist durchaus nicht risikoscheu und bietet neben der obligatorischen Mozart-Premiere („Così fan tutte“) mit Händels spätem Opernoratorium „Theodora“, Luigi Nonos „Al gran sole“ und Rossinis „Moses“ drei Werke, die sich auch auf dem Programmzettel der Staatsoper bzw. des Schillertheaters, Flimms realer Wirkungsstätte, gut machen und in die dort gepflegten Traditionsstränge – Barock, Moderne – passen würden.

Noch mehr als die Stücke darf man jedoch Flimms Regisseurauswahl als eine implizite Ankündigung für den Kurs verstehen, den er auch in Berlin fahren wird – seine ästhetischen Überzeugungen wird er wohl kaum bis 2010 ändern. Sowohl Claus Guth („Così“) wie Christoph Loy („Theodora“) sind keine Bilderstürmer, sie stehen für publikumsnahes Regietheater. Und so wie Flimm auch in dieser Saison in Salzburg mit Rossinis Bibeloper eine eigene Regiearbeit vorlegt, wird er wohl auch in Berlin ans Werk gehen.

Zeit dazu dürfte er jedenfalls haben, denn angesichts des kaum zu verbergenden Zerrüttungszustands im Salzburger Festspielteam steigen die Chancen für die Lindenoper, dass Flimm seine Arbeit in Berlin beginnen kann, ohne nebenher noch in Salzburg präsent sein zu müssen. Die Kulturverantwortlichen dort, will der „Spiegel“ wissen, könnten sich sogar „ein oder zwei Spielzeiten ohne Intendanten vorstellen“. Bevor sie sich dafür entscheiden, sollten sie sich besser einmal die Zustände an der Berliner Staatsoper anschauen.

Jörg Königsdorf

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