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Kultur: Berliner Finanzkrise: Regieren mit Sparschwein

Bundesländer können nicht Pleite gehen - auch wenn sie noch so verschuldet sind. Ein großes Glück für finanzschwache Ministaaten wie Berlin.

Bundesländer können nicht Pleite gehen - auch wenn sie noch so verschuldet sind. Ein großes Glück für finanzschwache Ministaaten wie Berlin. Oder Bremen.

Wenn Bremens große Koalition neue Ideen zur Verwaltungsreform präsentiert oder mal wieder Sparmaßnahmen verkündet, spricht sie gerne vom "Konzern Bremen" - als würde sie ein aufstrebendes Wirtschaftsunternehmen führen. Dabei können die Regierenden froh sein, dass das kleinste Bundesland keine AG oder GmbH ist. Denn sonst hätten sie schon vor Jahrzehnten Konkurs anmelden müssen: weil die Schulden bei Weitem die Vermögenswerte übersteigen.

Zum Thema Online Spezial: Finanzkrise in Berlin Ted: Sind Neuwahlen fällig? Der Stadtstaat an der Weser sitzt zur Zeit auf einem Schuldenberg von 16,3 Milliarden Mark, bei einem Jahreshaushalt von weniger als der Hälfte. Die Relation ist in Berlin ähnlich: 40 Milliarden Mark Haushalt, 80 Milliarden Mark Schulden.

Dass die Hansestadt trotzdem keinen Insolvenzantrag stellen muss und immer wieder Kreditgeber findet, hat sie - wie manch anderes verarmtes Bundesland - dem deutschen Föderalismus zu verdanken: Bund und Länder gelten als Solidargemeinschaft, bei der einer für den anderen einstehen muss. Bremen hat sich das zweimal vom Bundesverfassungsgericht bestätigen lassen.

Verarmte Brüder und Schwestern

Schon das Grundgesetz verlangt, dass die Verteilung der Steuern so zu regeln ist, dass "die Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet gewahrt wird". Diesem Ziel dienen sowohl der Finanzausgleich zwischen reicheren und ärmeren Ländern als auch die "Ergänzungszuweisungen" vom Bund. Somit ist also schon der laufende Lebensunterhalt der verarmten Brüder und Schwestern ein Stück weit abgesichert.

Erst recht müssen die Stärkeren einspringen, wenn die Schwächeren in besondere Not geraten sind. Bremen und das Saarland haben 1992 den Karlsruher Richtern so überzeugend eine "extreme Haushaltsnotlage" dargelegt, dass sie seit 1994 zusätzliche Milliardenbeihilfen vom Bund bekommen. Wenn die Sanierungsgelder 2004 auslaufen, wird allein der Stadtstaat 16,7 Milliarden Mark aus diesem Notfonds kassiert haben.

Das Verfassungsgericht hat den Empfängern allerdings kein Recht auf Faulheit zugebilligt: Die Hilfe der Solidargemeinschaft entbindet nicht von der Pflicht zur Selbsthilfe. Die Eigenleistung der Hansestadt besteht aus einer Doppelstrategie namens "Sparen und Investieren".

Putzfrauen im Streik

So schwingt die große Koalition fast überall den Rotstift. Da werden Verwaltungsangestellte wegrationalisiert, die Bekleidungspauschale für Sozialhilfeempfänger schrumpft, das Landespflegegeld für Blinde und Schwerstbehinderte läuft aus, und das Putzen öffentlicher Gebäude soll zunehmend Privatfirmen übertragen werden - was die städtischen Putzfrauen kürzlich mit Warnstreiks quittierten.

Gespart wird also überall dort, wo es um "konsumtive Ausgaben" geht. Bei Investitionen dagegen laufen die Koalitionäre mit dem Füllhorn herum - in der Hoffnung, dass dadurch die Wirtschaft belebt wird und zusätzliche Steuereinnahmen in die Landeskasse zurückfließen.

Berlin hätte noch ein anderes Problem: Die Hilfszahlungen fließen nur, wenn die Notlage unverschuldet ist. Das aber kann man der Hauptstadt kaum zugute halten. Obwohl sie die Voraussetzungen für eine "extreme Haushaltsnotlage" schon längst erfüllt, will die Stadt deshalb wohl nicht in der Solidargemeinschaft oder beim Bund um Hilfe betteln.

Da hat es Bremen besser. Dort streiten Kritiker mit der Regierung vor allem um die Frage, ob das Fördergeld richtig verteilt, wurde.

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