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Kultur: Berliner Konzerthaus: Feine Milde

An der Garderobe des Konzerthauses stauen sich finstere Mienen, die prall gefüllte Tüten und Taschen auf blasse Studentinnen niederprasseln lassen. Keine zwei Wochen mehr bis Weihnachten, wer jetzt noch kein Geschenk hat, wird keines mehr bekommen - das klagen die Gesichter.

An der Garderobe des Konzerthauses stauen sich finstere Mienen, die prall gefüllte Tüten und Taschen auf blasse Studentinnen niederprasseln lassen. Keine zwei Wochen mehr bis Weihnachten, wer jetzt noch kein Geschenk hat, wird keines mehr bekommen - das klagen die Gesichter. Doch die so Geplagten haben Glück, denn sie erwartet ein Abend, der Schwermütige aufhellt und Beladene erleichtert. Das französische Barockensemble Les Arts Florissants gibt unter seinem Gründer William Christie sein langerwartetes Berlin-Debüt. Und der durch unzählige Plattenaufnahmen in alle Welt getragene Ruhm der Musiker hat den Saal rappelvoll werden lassen. Doch alle Unruhe verstummt, als Christie seine Arme hebt. Seit fast 30 Jahren lebt der Amerikaner jetzt in Frankreich, seine Liebe zur Barockmusik des Landes machte ihn zum französischen Staatsbürger und Ehrenlegionär. Ein gelebtes Ideal, das mit Les Arts Florissants seinen idealen Klangkörper gefunden hat.

Auf dem Programm stehen Weihnachtskompositionen von Marc-Antoine Charpentier, der nicht nur den Spagat zwischen höfischen und kirchlichen Auftraggebern mit Eleganz beherrscht. Populäre Weihnachtslieder flicht er mit leichter Hand in sein Oratorio de Noël ein, sucht einen natürlichen Tonfall für das Außerordentliche. "Siehe, dein König kommt zu dir, der sanftmütige". In Christies Deutung wird dieser Satz zu milder Gewissheit. Chor und Orchester verschmelzen zu einem homogenen, unerhört flexiblen Klangkleid, das bei völliger Klarheit der Form doch weich fällt. Ein feinsinniges Spiel von Licht und Schatten ohne scharfe Kanten, musterhaft intoniert, gelassen in seiner Meisterschaft. Dabei gelingt es Christie, die Eigenheiten seiner Sänger in solistischen Passagen hervorzuheben, sie im Chor jedoch ganz selbstverständlich einzubinden. Ja, dieser Abend ließ nur den einen Wunsch offen: Les Art Florissants bald wieder hören zu können, am besten mit einer französischen Barockoper. Liebe Berliner Kooperationspartner - sucht Ihr noch hochkarätige Geschenke?

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