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Kultur: Berliner Opernspielplan: Keine Vorstellung

"Ja, rede ich denn nur, um den Luftraum zu erschüttern?", pflegte unser Tonsatzlehrer an der Uni auszurufen, wenn mal wieder jemand nach einer jener Selbstverständlichkeiten fragte, die er uns seit Jahren einzubimsen versuchte.

"Ja, rede ich denn nur, um den Luftraum zu erschüttern?", pflegte unser Tonsatzlehrer an der Uni auszurufen, wenn mal wieder jemand nach einer jener Selbstverständlichkeiten fragte, die er uns seit Jahren einzubimsen versuchte. Beim Blick auf den Berliner Opernspielplan dieser Woche mag Peter Radunski, Christoph Stölzl und Christa Thoben derselbe Stoßseufzer entfahren sein. Wie oft haben sie in ihrer Zeit als Kultursenator(in) die Opernchefs aufgefordert, ihre Spielpläne abzustimmen - und jetzt dies: Zwischen dem 18. und 21. Juni hätten zwölf Vorstellungen in Berlins Musiktheatern stattfinden können. Der Vorhang aber hob sich nur ein einziges Mal, am Mittwoch zu "Eugen Onegin" an der Deutschen Oper. In der Staatsoper probt man vier Tage lang die Show für den Deutschen Filmpreis am Freitag, die Komische Oper bereitet die Premiere von Aribert Reimanns "Bernarda Albas Haus" am Sonntag vor. Beide Termine stehen seit Ewigkeiten fest. Mit einem Hauch von good will hätte sich die alte Minimalforderung realisieren lassen, dass in Berlin jeden Abend doch wenigstens in einem Opernhaus der Lappen hochgeht - nicht nur für die vielen Touristen in der Stadt, sondern auch für die hiesigen Fans.

Damit nicht genug: Die Staatsoper hat sich ohnehin schon aus der Saison verabschiedet, vier Wochen vor Schulferienbeginn. Die Truppe weilt zum Gastspiel in Madrid und hat das komplette Orchester dabei (offiziell 132 Planstellen!). Das muss so sein, weil Berlins Innensenator den geplanten Haustarifvertrag blockiert, der eine Lockerung der üblichen Dienstregelung vorsieht und es endlich gestatten würde, dass Musiker auf Tourneen mehr arbeiten als vorgeschrieben. Ein Teil des Orchesters könnte zu Hause bleiben und die Berliner Unter den Linden weiterhin mit Oper versorgen, während die Kollegen im Ausland Geld in die Kasse holen. An den Vertrag ist jedoch die Auszahlung der 3,5 Kanzler-Millionen für die Staatskapelle gekoppelt - und die Verwaltung fürchtet, das Orchester könne sich einen unbefristeten Anspruch auf die Gehaltserhöhung erwerben.

Wie gut, dass jetzt das goldene Zeitalter angebricht: Unter Klaus Wowereit, dem Regierenden Bürgermeister, der lieber Kultursenator wäre, werden die Ohren der Intendanten und der Verwaltung kräftig durchgepustet, damit sie Zurufe aus der Politik künftig sofort verstehen. Und dann herrscht Ruhe im Luftraum über der Hauptstadt.

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