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Kultur: Berliner Philharmonie: Bloß kein Es-Dur! Die Solocellisten mit Siegfried Palm

"Eben eine nicht gar so leichte Sache" sei das Solospielen auf dem Violoncello, schreibt Johann Joachim Quantz, der preußische Hofkompositeur Friedrichs II. Und der Meister des "Versuchs einer Anleitung die Flöte traversière zu spielen" fügt in seinem aufführungspraktischen Lehrbuch hinzu, dass der Solospieler auf dem Violoncell starke Nerven haben müsse.

"Eben eine nicht gar so leichte Sache" sei das Solospielen auf dem Violoncello, schreibt Johann Joachim Quantz, der preußische Hofkompositeur Friedrichs II. Und der Meister des "Versuchs einer Anleitung die Flöte traversière zu spielen" fügt in seinem aufführungspraktischen Lehrbuch hinzu, dass der Solospieler auf dem Violoncell starke Nerven haben müsse.

Die vier Solocellisten des Berliner Philharmonischen Orchesters haben die Nerven, sich zusammenzutun, um in freundschaftlichem Agon Johann Sebastian Bachs sechs Suiten für ihr Instrument allein vorzutragen. Das Unternehmen, die sechs Solosuiten an zwei Abenden aufzuführen, unterscheidet sich von dem Heinrich Schiffs, der sich derselben Kompositionen am 14. / 15. Juni im Schauspielhaus annehmen wird. Denn hier im Kammermusiksaal sind vier Interpretenpersönlichkeiten am Werk, und in dem "Wie?" liegen die feinen und spannenden Unterschiede. Zunächst ist Georg Faust der König, weil er die Suite Nr. 1 G-Dur aus der absoluten Freiheit instrumentalen Könnens als einen grazilen Monolog ins Espressivo führt: ein unerhörtes Prélude, Tanzcharaktere, jeder Mehrklang ohne Mühe, Ausschwingen der Stradivaristimme.

Anders Martin Löhr mit der Suite Nr. 3 C-Dur: geht ihm die totale Leichtigkeit des Cellistseins ab, so gewichtet er schwerer, die Gemütslage ist seriös, die Doppelgriffe der Sarabande umgeben sich mit vital betonten Noten der schnellen Sätze. Zum Schluss des ersten Tages kommt Ludwig Quandt mit der schon im Notenbild vertrackten, gezackten Suite Nr. 4, den sonderbaren Akzenten in der Bourrée II, der unbehaglichen Tonart Es-Dur - und gewinnt, indem er vorführt, wie der Salto mortale Musik wird.

"Das Mieseste, was einem Cellisten passieren kann", sei Es-Dur, sagt, den Schwierigkeitsgrad umschreibend, ein Wissender: Siegfried Palm, die als Moderator eingesprungene Cellolegende, einst auch Westberlins Opernchef. Von den jungen philharmonischen Kollegen respektvoll auf Händen getragen, macht "Siggi" das Konzert nebenher zu einer Plauderstunde aus der Fülle seines Lebens, seiner Begegnungen als Lehrer und als Cellist: "Stolz auf unser Instrument." Über die Juwelen der Celloliteratur von Bach berichtet er, dass sie früher als Etüden begriffen und mit Klavierbegleitungen versehen worden sind. 250 Jahre liegen zwischen diesen Werken und "Vier kurzen Studien für Violoncello solo" von Bernd Alois Zimmermann aus dem Jahr 1970, die Palm wie so viele Kompositionen der Avantgardemusik nach dem Zweiten Weltkrieg angeregt hat. Diese Aphorismen spielt nun Olaf Maninger, der mit seiner Bachschen Solosuite (NR. 5) am zweiten Konzertabend herauskommen wird. "Hohe Lagen, so langsam wie möglich" - der vierte Cellist im Bunde erweist sich als sensibler Melodieinterpret mit einer Neuen Musik, die nicht altert. Das "Capriccio für Siegfried Palm" von Penderecki, dessen sich Georg Faust annimmt, wirkt eher wie eine Demonstration technischer Möglichkeiten. Aber brillant!

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