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BErliner Philharmonie: Der Gute liegt so nah

Die Berliner Philharmoniker sind mal wieder auf Intendantensuche. Jedoch ohne Zeitdruck. Schließlich sind es die Musiker gewohnt auch mal ohne Kulturmanager auszukommen.

Jeder kennt das von sich selber: Unangenehme Dinge verdrängt man gerne so lange, bis sie sich definitiv nicht mehr aufschieben lassen. Bereits im April 2008 hat Pamela Rosenberg bekannt gegeben, dass sie ihren Vertrag als Intendantin der Berliner Philharmoniker im Sommer 2010 auslaufen lassen wird - doch erst jetzt konnte sich das Orchester dazu durchringen, auf die Suche nach einem Nachfolger zu gehen.

Im Februar will die Findungskommission nun erstmals zusammentreten. Anders als die Salzburger Festspiele, die wegen des Wechsels von Jürgen Flimm an die Berliner Staatsoper ebenfalls auf Intendantenjagd sind, setzten die Philharmoniker nicht auf externen Sachverstand. Das österreichische Edelfestival hat fünf prominente Kulturköpfe, darunter Eva Wagner-Pasquier von den Bayreuther Festspielen und die Innsbrucker Theaterintendantin Brigitte Fassbaender, beauftragt, geeignete Kandidaten auszumachen. In der deutschen Hauptstadt hingegen verständigen sich die Berliner Spitzenmusiker nur mit ihrem Chefdirigenten und dem Kultursenator über die Nachfolgefrage.

Anders auch als die Salzburger, die bereits zum 30. April Namen hören und bis Ende Juni entscheiden wollen, setzten sich die Berliner Philharmoniker keineswegs unter Zeitdruck. Notfalls, das wissen die basisdemokratisch organisierten Musiker, kommen sie auch mal eine Zeit lang ohne Kulturmanager aus: Volle drei Jahre lagen zwischen dem Abgang von Rosenbergs Vorgänger Franz Xaver Ohnesorg zum Jahresende 2002 und der Ernennung der Amerikanerin. Es wollte sich einfach kein geeigneter Kandidat von Rang finden, der bereit war, die Arbeitsbedingungen in der Berliner Philharmonie zu akzeptieren. Denn hier gilt eine wirklich außergewöhnliche Hierarchie: Zuallererst kommt das Orchester, dann der Chefdirigent, den sich die Musiker als einziges Orchester der Welt selber wählen dürfen, und danach erst folgt schließlich der Intendant, der vor allem ausführende organisatorische Aufgaben zu erledigen hat.

Wenn es nun also erneut darum geht, eine Führungspersönlichkeit zu engagieren, die den Geist dieser Orchesterrepublik verinnerlicht hat, dann lohnt es sich vielleicht, mal in den eigene Reihen zu schauen. Nach dem Motto: Der Gute liegt so nah. Kaum einer hat die Entwicklung der Philharmoniker so aktiv mitgestaltet wie Peter Riegelbauer. Seit 27 Jahren ist der 52-Jährige jetzt dabei. Als führender Kopf des auf zeitgenössische Musik spezialisierten "Scharoun Ensembles" hat er wesentlich dazu beigetragen, dass aus der elitären Karajan-Truppe ein Ensemble des 21. Jahrhunderts geworden ist. Seit 1994 ist Riegelbauer zudem in diversen Gremien aktiv. In seinen zehn Jahren als Orchestervorstand hat er für die Berufung von Simon Rattle gekämpft, die Umwandlung der Philharmoniker vom Staatsbetrieb in eine Stiftung betrieben und das Orchester durch die intendantenlose Zeit manövriert. Peter Riegelbauer steht nicht nur mit Leib und Seele für die philharmonische Philosophie ein, er ist ebenso auch ein Mann mit ausgeprägtem Machtinstinkt, wie man ihn in härter werdenden Zeiten selbst beim besten Orchester der Welt gut gebrauchen kann. In seiner Freizeit pflegt der Kontrabassist übrigens bereits das prototypische Managerhobby: Er spielt leidenschaftlich Golf.

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