zum Hauptinhalt

Kultur: Betende Wände

Sakrales und Romantik bei den Bassenge-Auktionen

Einen Namen als Kunstmetropole hat sich Berlin zweifelsfrei mit der zeitgenössischen Kunst gemacht. Im Rahmen der Frühjahrsauktionen bei Bassenge kommen jedoch auch die Liebhaber vergangener Epochen auf ihre Kosten. Insgesamt spannen die fünf Kataloge mit annähernd 2500 Losnummern den Bogen zwar von den Altmeistern bis zur Gegenwart, doch ist das Angebot des 15. bis 19. Jahrhunderts nicht nur mit exquisiter Druckgrafik bestückt, sondern hat gerade im Bereich der Gemälde und Zeichnungen an Umfang und Qualität gewonnen.

So mit dem 1798 entstandenen „Bildnis einer jungen Frau im Empirekleid“ (24 000 Euro) von Johann Friedrich August Tischbein, oder mit Carlo Francesco Nuvolones barocker „Maria Magdalena in der Wüste mit dem Engel“, das sich einst in der Sammlung des Grafen Palffy befand (18 000 Euro). Eine Rarität auf dem Berliner Kunstmarkt ist die lebensgroße Tafel, auf der ein kölnischer Meister 1495–1500 den Heiligen Ludwig von Toulouse darstellte. Ursprünglich gehörte sie zum Altaraufsatz einer Dürener Franziskanerkirche, ihre Rückseite befindet sich heute in der Sammlung Thyssen-Bornemisza. Das spätgotische Heiligenbildnis gelangte 1936 über den Kunsthandel in eine Kölner Privatsammlung, aus deren Nachlass es nun marktfrisch für 24 000 Euro zum Aufruf kommt.

Für Spannung sorgen dürfte auch ein „Gotischer Dom in einem See“ mit klaren Kompositionselementen Karl Friedrich Schinkels. Während Paul Ortwin Rave, einst Direktor der Nationalgalerie, 1939 von einem Original ausging, stuft die heutige Forschung das Werk als „Zuordnung“ ein. Allerdings können auch Fachleute irren. Erst kürzlich hatte der Experte Helmut Börsch-Supan sein ursprüngliches Urteil einer Schinkel-Replik revidiert und eine Zweitfassung der „Gotischen Kirche auf einem Felsen am Meer“ als originalen Meister anerkannt. Wodurch das im Mai bei Lempertz versteigerte Gemälde von geschätzten 150 000 auf 466 000 Euro kletterte. Der „Gotische Dom“ bei Bassenge ist wenn nicht von Schinkel selbst, so doch um 1817 im direkten Umfeld entstanden und mit einer Schätzung von 18 000 Euro ein attraktives Beispiel Schinkel’scher Romantik.

Die Moderne führen Karl Hofers „Zwei Freundinnen am Tisch mit Buch“ (1939) mit einer Schätzung von 120 000 Euro und Ernst Ludwig Kirchners Lithografie „Alptanz mit zwei Handorglern“ an, die mit stolzen 90 000 Euro zum Aufruf kommt. Ein „Blasser Knabe in der Dachkammer“, den Hans Jüchser 1932 fertigte, könnte den Marktwert des 1977 in Dresden verstorbenen Künstlers um das Zehnfache steigern – sofern die Schätzung von 80 000 Euro eingelöst wird. Prominentes bei den Zeitgenossen verspricht ein „Doppelportrait“ von Francesco Clemente. Der Transavanguardia-Protagonist aquarellierte um 1987 John Heys, Schauspieler und Herausgeber der Zeitschrift „Gay-Power“, in seiner Rolle als amerikanische Mode-Legende Diana Vreeland (22 000 Euro).

Vorbesichtigung: bis 1.6., 10–18 Uhr (Bassenge, Erdener Str. 5). Moderne: 3.6., 10–18 Uhr (Rudi-Dutschke-Str. 26); Fotografie: bis 7.6., 10–18 Uhr und 8.6., 10–16 Uhr (Rankestr. 24) / Auktionen (Bassenge, Erdener Str. 5): Druckgrafik, 3. Juni, 10 Uhr; Alte & Neue Meister, 4.6., 11 Uhr; Moderne: 5.6., 10 Uhr; Fotografie: 9.6., 15 Uhr.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false