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Kultur: Beute unter Bäumen

Erik Schmidts Jagdszenen bei Carlier Gebauer

Es ist angerichtet. Die feine Tischgesellschaft bekommt Fleisch serviert. Gegenschnitt: Jagdszenen. Zwei Herrschaften der Tafelrunde pirschen nun durch den norddeutschen Wald. Seltsam, dass gerade die vornehmen Menschen wie in der Altsteinzeit ihr Essen noch gern selbst erlegen. Schnitt zurück zum Dinner: Aus dem Off tönt Pink-Panther-Musik, sonst hört man nur hier ein Auflachen, dort ein Klunkerklimpern. Die Reichen und Schönen amüsieren sich.

Der Anfang des 14-minütigen Films „Hunting Grounds“, den der Künstler Erik Schmidt in der Galerie Carlier Gebauer zeigt, wirkt wie eine plumpe Gesellschaftskritik: Während wir feiern, werden woanders die Kriege geschlagen, die unseren Lebensstandard aufrechterhalten. Doch die Jagd wird in dieser 16-Millimeter-Arbeit in wunderschönen Bildern dargestellt. In Zeitlupe stürmt die herrschaftliche Armada aus Hunden und Reitern heran. Einer der beiden umherschleichenden Männer – es ist Erik Schmidt selbst – trägt einen beigen Anzug. Ebenso elegant, aber gleichzeitig angespannt und äußerst aufmerksam wirkt der Jäger, der den Künstler im Wald zu suchen scheint.

Vor fast zwei Jahren entdeckte der 1968 geborene Schmidt die Jagd als Sujet seiner Malerei. Seither bestimmt das Waidwerk seine Bilder: Beute im Unterholz, unheimliche Jäger, der deutsche Wald als Ort romantischer Mythen und grausamer Taten. Carlier Gebauer zeigt auch das vier Meter breite Diptychon „Eine Frage des Glaubens“ (30 000 Euro). Auf seinem bisher größten Ölgemälde stellt der Maler, dessen Arbeiten im nächsten Jahr in einer Werkschau im Museum Marta-Herford zu sehen sein werden, eine impressionistisch getupfte Waldidylle dar. Zwei Jäger tragen eher verschämt geduckt als stolz ihre leuchtende Beute durch den Wald. Eine Szene, die trotz der lichten Stimmung aus einem Krimi stammen könnte.

Mit Krimielementen spielt auch der Film, der auf einem Schloss in Ostwestfalen gedreht wurde: Als sich die beiden Waldgänger endlich finden, weiß man nicht, ob sie gleich übereinander herfallen. Zunächst umarmen sie sich innig. Dann wendet sich das Geschehen – nun jagt der Künstler den Jäger. Eine homoerotische Fantasie? Eine Allegorie auf die eigenartigen Verflechtungen des Kunstbetriebs, in dem Kunstwerke zu Trophäen werden können? Oder eine ferne Erinnerung an die Opulenz und Riten des höfischen Lebens? Erik Schmidt gelingt mit den Jagdmotiven ein Blattschuss: Die Bilder sprechen eine sehr zeitgenössische Sehnsucht an, vielleicht die neokonservative Wunschvorstellung einer Welt, in dem Glück und Ressourcen noch frei im Wald herumlaufen (Ed. 5, 18 000 Euro).

Carlier Gebauer, Holzmarktstraße 15 – 18, Bogen 51/52, bis 15. Juni ; Dienstag bis Sonnabend 11 – 18 Uhr.

Daniel Völzke

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