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Ein Werk des Künstlers Tobias Rehberger auf der Art Berlin Contemporary (ABC)

© Britta Pedersen/dpa-bildfunk

Bilanz der Berlin Art Week: Lange Schlangen und Volksfestcharakter

Schlangen an den Ticketschaltern der ABC, übervolle Eröffnungen in den Museen, zahllose Besucher in den Galerien: Eine Bilanz der Berlin Art Week.

Auf big daddy kann man warten. Oder ihn wie die Berliner Galeristen Sassa Trülzsch und Helga Maria Klosterfelde ignorieren und statt der großen, teuren Skulptur für den potenten Sammler ein kleines Fotostudio von Fiete Stolte auf die Art Berlin Contemporary (ABC) stellen. 50 Euro kostete ein Porträt auf der Verkaufsschau, die sich nicht Messe nennen möchte. Die schwarzweißen, von Stolte signierten Aufnahmen zeigen die winzige Silhouette des Fotografierten, die sich in seiner Pupille spiegelt.

Manchen Besuchern war das zu teuer, anderen zu billig – das kann doch keine Kunst sein! Sie kauften lieber Repräsentatives bei Galerien wie Sprüth Magers, Neugerriemschneider oder Matthias Arndt. Das ist gut für die ABC, der stets zu wenig Umsatz nachgesagt wird. Aber am Partnerstand von Trülzsch und Klosterfelde hat man darüber hinaus verstanden, dass der Kunstmarkt in Berlin nach wie vor anders als in London, Basel oder auch Köln funktioniert. Und dass es besser ist, darauf zu reagieren statt zu lamentieren.

Nun sind auch Berlins Museen am Zug!

Dem enormen Interesse an Künstlern und Galerien stehen nach wie vor bescheidene Berliner Privatetats gegenüber. Den Museen fehlt das Geld für Ankäufe, und das internationale Publikum macht sich im hiesigen Kunstherbst weiterhin rar. Was nicht heißt, dass nichts passiert: Während auf der ABC Stoltes Edition theoretisch für jeden erschwinglich war, verkauften sich auf der alternativen Messe Positions Werke durchaus für 8000 Euro – obwohl die Preise für Kunst im ehemaligen Kaufhaus Jandorf am Weinbergspark sonst deutlich unter denen der ABC ausfielen.

Die neue, vom Berliner Galeristen Kristian Jarmuschek temporeich hochgezogene Veranstaltung brachte diesmal 52 Teilnehmer zusammen – darunter echte Ausreißer. Doch auch hier drängten sich Besucher an allen Tagen durch die Kojen. Was hoffen lässt, dass der Messe nächstes Jahr auch ein qualitativer Sprung gelingt. Ansonsten sah man: Schlangen an den Ticketschaltern der ABC, übervolle Eröffnungen in den Museen, zahllose Besucher in den Galerien, die großartige Ausstellungen von Ai Weiwei, Martin Kippenberger, Corinne Wasmuht oder Thomas Scheibitz eröffneten und ihre Räume das ganze Wochenende offen hielten. Mehr kann man eigentlich nicht bieten.

Nun sind andere am Zug. Berlins Museen etwa, die zu dieser Art Week zwar anspruchsvolle künstlerische Positionen bieten, eine Schau von internationaler Anziehungskraft aber schuldig blieben. Auch die Art Week selbst hat sich unter dem Dach der landeseigenen Gesellschaft Kulturprojekte offenbar entschieden, ihren Volksfestcharakter noch einmal zu betonen. Doch das ist die Berlin Art Week in ihrem dritten Jahr ohnehin geworden. Sinnvoller wäre es, die Bedürfnisse der Partner – ABC, Positions, Nationalgalerie – noch mal abzufragen und für 2015 feinzujustieren. Big daddy mag auf sich warten lassen, doch es wäre falsch, die Hoffnung aufzugeben. Bei Fiete Stolte hat sich just eine internationale Sammlerin gemeldet, die die Fotobox derart betörend findet, dass sie damit eine große Performance plant.

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