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Kultur: Bilderstürmer

Dem Kunsthistoriker Martin Warnke zum 70.

Ein Neuerer der Kunsthistorie aus dem Geist der Soziologie ist Martin Warnke, ein brillanter Autor, dessen Bücher auch für Laien lesbar sind, ein Querkopf, der die geschichtlichen Untiefen der eigenen Zunft auslotete. Seit 1979 lehrt er an der Uni Hamburg – wirkt deshalb in seiner Arbeit etwas von Aby Warburg fort, dem großen, exzentrischen Bilderforscher? Und das nicht erst, seit Warnke 1991 den Leibniz-Preis nutzte, um die Forschungsstelle Politische Ikonographie zu finanzieren: Fünf Jahre lang arbeiteten Kunsthistoriker hier an einem 400 000 Karten umfassenden Bildindex, wie ihn Warburg einst mit seinem Mnemosyne-Atlas plante.

Das Politische in der Kunst war schon immer Warnkes Thema. 1992 analysierte er in seinem Buch „Politische Landschaft“ das Propagandapotenzial der Landschaftsgestaltung, bereits 1970, auf dem Kunsthistorikertag in Köln, hatte er bei der Auseinandersetzung mit dem Nazi-Erbe seiner Zunft einen Eklat verursacht, als er in einem Vortrag über „Weltanschauliche Motive in der kunstgeschichtlichen Populärliteratur“ auch Kollegen zitierte, die im Publikum saßen. Der „Fall Warnke“ ging durch die Presse.

Ein Umstürzler ist er auch, wenn es um klassische Kunsthistorie geht. Sein Buch „Hofkünstler“ (1985) argumentiert, dass nicht die Emanzipation des Künstlers vom Hof die moderne Kunst begründet habe, im Gegenteil: Erst in der „Höhenluft höfischer Repräsentation“ gewännen die Künstler „jene Qualitäten, die sie in eine auratische Ferne abrücken“. Auch Warnkes Werk hat der konzentrierte Blick auf die Realbedingungen künstlerischer Produktion in auratische Ferne gerückt. Wir gratulieren zum 70. Geburtstag. til

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