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Kultur: Bittere Tränen

"Musik ist eine abstrakte Sprache, und ich bin immer bei dieser Abstraktion geblieben." Dies ist das künstlerische Credo von Cristóbal Halffter, der Vaterfigur der Neuen Musik in Spanien.

"Musik ist eine abstrakte Sprache, und ich bin immer bei dieser Abstraktion geblieben." Dies ist das künstlerische Credo von Cristóbal Halffter, der Vaterfigur der Neuen Musik in Spanien.So abstrakt seine Kompositionen auch sein mögen - ihre Botschaft ist doch unmittelbarer Ausdruck, eingebettet in gespannte, bewegte, farbig changierende Klänge.So ist es auch in seiner UNO-Kantate "Yes, speak out, yes", komponiert 1968 anläßlich des 20.Jahrestages der Deklaration der Menschenrechte.Nun, anläßlich des 50.Jahrestages, war das Werk erstmals in Deutschland zu hören.

Es beginnt mit einem Sprach-Tohuwabohu: die Berliner Cappella, in zwei Chöre geteilt, läßt unverständliche Silben wild durcheinanderpurzeln - das akustische Bild einer aufgebrachten Menschenmenge.Erst langsam vermag das Ohr musikalische Ordnung zu stiften, Strukturen zu erkennen.Als Sinnbild individueller Klage stehen im zweiten Teil dem Chor-Kollektiv zwei Solisten gegenüber: Eva Zwedberg und Raimo Laukka sangen in elegischen Linien ihr Klagelied über bitter vergossene Tränen.Der Schlußteil wird bestimmt vom Text der Menschenrechte, gefolgt vom ganz leise verklingenden Wort "Friede" in lateinischer, griechischer, französischer und englischer Sprache.

Längst war es an der Zeit, dieses Werk einmal in Deutschland zu hören - selbst wenn es an vielen anderen Orten zur Zeit stärker Not täte als hier.

Im "Egmont" hat Goethe die Vision der Freiheit in die Zeit der spanisch besetzten Niederlande projiziert.Beethovens Schauspielmusik setzt das kämpferische Humanitätsideal kongenial um.Doch unter Cristóbal Halffters Leitung kam die Ouvertüre in recht behäbigen Tempi daher - ein bißchen als sei Egmont ein alter Mann.Ähnlich wirkte auch Beethoven 5.Sinfonie: zwar gelang manch schöne Balance zwischen Haupt- und Nebenstimmen, doch insgesamt machten die Musiker ein wenig den Eindruck, als hätten sie sich schon in der Kantate zu sehr verausgabt.

GREGOR SCHMITZ-STEVENS

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