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Kultur: Blick in den Abgrund

Einen Film wie "Die Potemkinsche Stadt" in Berlin zu zeigen, ist mutig: Hat man doch in den letzten dreißig Jahren schmerzhaft gelernt, daß gewisse Riesenbetonklötze Brutstätten der Verwahrlosung sind; nur an der Spree entdeckt man plötzlich in solchen Monstrositäten einer gescheiterten Utopie heimelige "Kieze".Der Film von Mischka Popp und Thomas Bergmann hingegen widmet sich dem Leben und Überleben in den Trabantenstädten - von denen manche schon wieder beseitigt sind - in Form einer allgemeingültigen Reflexion über die Unwirtlichkeit modernen Städtebaus.

Einen Film wie "Die Potemkinsche Stadt" in Berlin zu zeigen, ist mutig: Hat man doch in den letzten dreißig Jahren schmerzhaft gelernt, daß gewisse Riesenbetonklötze Brutstätten der Verwahrlosung sind; nur an der Spree entdeckt man plötzlich in solchen Monstrositäten einer gescheiterten Utopie heimelige "Kieze".Der Film von Mischka Popp und Thomas Bergmann hingegen widmet sich dem Leben und Überleben in den Trabantenstädten - von denen manche schon wieder beseitigt sind - in Form einer allgemeingültigen Reflexion über die Unwirtlichkeit modernen Städtebaus.

Wiewohl der Streifen nicht nur Aufnamen aus Deutschland zeigt, fügt er sich in das Bemühen der beiden Mittfünfziger aus Frankfurt am Main, eine Art Enzyklopädie der Abgründe der deutschen Wirklichkeit zu schaffen.Zum Start ihres neuesten Werks "Kopfleuchten" widmet ihnen die Brotfabrik in den nächsten vierzehn Tagen eine Werkschau.Darin zu finden: Mittlerweile fast schon zu Klassikern gewordene TV-Filme wie "Die Heimwerker" über den Do-it-yourself-Wahn unter deutschen Männern und "Giftzwerge" über einen anderen teutonischen Nationalsport: die Nachbarn terrorisieren und sich gegenseitig verklagen.Aber auch weniger bekannte Frühwerke wie "Vom Flachlegen und Aufstehen" über die "Flurbereinigung", mit der die ordnungsliebenden Deutschen ihre Landschaft bis zur vollkommenen Sterilität gesäubert und durchrationalisiert haben.

Popp und Bergmann kommentieren ihre bisweilen zur Realsatire tendierenden Filme nicht, nicht verbal und auch kaum von der Montage her.Oft hat man ihnen großes Einfühlungsvermögen attestiert und gelobt, daß sie die Menschen vor ihrer Kamera nicht sensationslüstern als Monstren und Mutationen erscheinen ließen.Aber manchmal scheint es so, als würden sie auf das, was ihnen so unterkommt, genauso reagieren, wie man es als Zuschauer nur tun kann: Mit ungläubigem Staunen.

JAN GYMPEL

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