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Kultur: Blond und Braun

Perfektes Zitat eines Film Noir: Brian De Palmas „The Black Dahlia“ – nach James Ellroy

Manche Filme machen erst mal nicht viel her. Und dann wachsen und wachsen sie in der Erinnerung – so nachhaltig, bis man dringend von neuem überprüfen will, wie sie sich im Lichte der nacharbeitenden Fantasie gewandelt haben. Andere wirken exakt umgekehrt: als erfüllendes Leinwanderlebnis für den Augenblick – so erfüllend, dass sie draußen in der leinwandlosen Welt rasch kleiner und kleiner werden, bis sie von selber zu verschwinden scheinen.

Brian De Palmas „The Black Dahlia“ gehört entschieden zur zweiten Sorte, und das ist nicht abwertend gemeint. In zwei Stunden Genre-Kino entfalten sich, großartig entspannt, ein Zeitpanorama, eine Phalanx elegant skizzierter und schön undurchschaubarer Charaktere, eine wirbelnde dramatische Handlung, dazu jede Menge nicht gerade herzensguter, dafür äußerst leidenschaftlicher Gefühle – und das grenzenlose Wohlsein des Zuschauers nach einem hochbekömmlichen cineastischen Siebengängemenü.

Story und Plot entwickelt der Film nach dem gleichnamigen, unverschämt selbstsicher mäandernden Roman von James Ellroy gleichsam durch die Seitentür (zwei Boxer befreunden sich und werden zu Cop-Kollegen). Auch der Auslöser der Kernhandlung – der bestialische Mord an einem Möchtegern-Starlet in Hollywood – wird bei einer grandiosen, anderweitigem Geschehen folgenden Kamerafahrt gerade mal gestreift. Und plötzlich sind wir mitten im psychophysiokriminologisch-erotischen Geflecht um die Kumpelkommissare Bucky Bleichert (Josh Hartnett) und Lee Blanchard (Aaron Eckhart), die bei ihren Ermittlungen einem braunen sowie einem blonden Gift (Hilary Swank und Scarlett Johansson) gefährlich nahe kommen. Aber muss man dienstliche und private Obsessionen immer so messerscharf trennen, dass jeder Vorgesetzte dafür automatisch sein Sonntagsgesicht aufsetzt?

Es geht nicht viel gut in diesem Film für die moralisch arg ambivalent agierenden Helden, dies aber rundum vorzüglich. Hitchcock-Schüler Brian De Palma hat mit „The Black Dahlia“ nicht viel mehr als das Zitat eines Film Noir aus den großen amerikanischen vierziger Jahren inszeniert, aber dafür – in Bulgarien! – ein perfektes Setting gebaut: mit einer spannenden Story, die man schon deshalb kaum verraten kann, weil man sie in ihren fraglos bedeutsamen Verästelungen, kaum raus aus dem Kino, schon wieder vergisst. Mit anderen Worten: Die Besichtigung von „The Black Dahlia“ ist eindeutig nicht notwendig, aber jederzeit ohne Schaden wiederholbar – als immer wieder frischer Ausflug in eine Welt, in der man aus gutem Grund nichts verloren hat. Von ein paar bösen Träumen vielleicht abgesehen.

In acht Berliner Kinozentren; Originalversion im Cinestar SonyCenter

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