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Kultur: Boney M.

Diese Woche auf Platz 19 mit: „The Magic Of Boney M.“

Eine Zahl aus den Tagen, als Popmusik noch eine Boombranche war: 175 000. So viele Exemplare wurden in Spitzenzeiten täglich von einer einzigen Single von Boney M. ausgeliefert. Heute könnte man damit die deutschen Top-100-Singles einer ganzen Woche bestreiten. Es waren die Heydays von München. Immer üppiger wurden die Streichersätze, immer glitzernder die Kostüme für den bayrischen Philly-Disco-Sound. Die beiden konkurrierenden Hitfabriken von Frank Farian und Giorgio Moroder produzierten unablässig neue Chart- und Wirtschaftswunder. Der Boney-M.-Song „Mary’s Boy Child“, erschienen Weihnachten 1978, steht bis heute im Guiness-Buch.

Boney M. waren eine Art Trachtengruppe der Disco-Ära, gegründet aus Verlegenheit. Farian hatte 1976 mit dem Song „Baby Do You Wanna Bump“ einen Clubhit gelandet. Wegen zunehmender Anfragen nach Liveauftritten castete er eine Tänzertruppe westindischer Abstammung, die den Song dekorativ verkörpern sollte. Die überlebte allerdings nur ein paar Promotiontermine, ehe Farian mit Liz Mitchell, Marcia Barrett, Maizie Williams und Bobby Farrell eine stabile Besetzung fand.

Bald sickerte durch, dass nur die beiden erstgenannten wirklich bei Stimme waren. Liz Mitchell, zuvor bei Les Humphries in Diensten, schildert noch heute ihre Verwunderung darüber, dass die anderen „komplett stumm“ blieben. Außer ihr schien dies niemanden zu stören. Boney M. ernähren bis heute alle Beteiligten und erreichen zum 30-jährigen Jubiläum allmählich die Phase Abba-esker Vergötterung. Es gibt sogar ein Boney-M.-Musical in London. Zur Frage künstlerischer Authentizität sagt Frank Farian auf seiner Netzseite: „Selbst der Hintern der Hauptdarstellerin in ,Pretty Woman’ ist nicht echt. That’s entertainment!" Farian machte unbeirrt weiter mit seinem Marionettentheater – und erlebte nach der Auflösung von Boney M. sein Waterloo mit den Pappkameraden von Milli Vanilli.

Ralph Geisenhanslüke

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