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Kultur: "Bonhoeffer - Die letzte Stufe": Ein Gespräch mit Gott

Weite Landschaft in hellem Licht: Das ist Amerika, die letzte Station vor Dietrich Bonhoeffers Reise in immer tiefere Dunkelheit - jenes Deutschland 1939, in das Bonhoeffer zurückkehrt. Zwar hat man ihm angeboten, in den USA zu bleiben, sogar in Kalifornien, wo das Licht womöglich noch heller und das Land weiter ist als an der Ostküste, aber der Theologe kehrt zurück, gerade weil die Zustände in Deutschland sind, wie sie sind.

Weite Landschaft in hellem Licht: Das ist Amerika, die letzte Station vor Dietrich Bonhoeffers Reise in immer tiefere Dunkelheit - jenes Deutschland 1939, in das Bonhoeffer zurückkehrt. Zwar hat man ihm angeboten, in den USA zu bleiben, sogar in Kalifornien, wo das Licht womöglich noch heller und das Land weiter ist als an der Ostküste, aber der Theologe kehrt zurück, gerade weil die Zustände in Deutschland sind, wie sie sind. Vielleicht auch, weil Bonhoeffer den Ernst der Lage unterschätzt, weil er - wie viele seiner Zeitgenossen - nicht glauben will, was er gehört hat: dass ein Krieg bevorsteht, dass jeder politische und eben auch jeder christliche Widerstand bekämpft wird, dass die Schikanen gegen Juden inzwischen nicht mehr zu ignorieren sind.

So sieht sich der Prediger plötzlich selbst als Opfer von Verfolgung und Übergriffen. Als sein Schwager Hans von Dohnanyi ihn bittet, sich aktiv an einer Widerstandsgruppe innerhalb der Spionageabwehr zu beteiligen, hat Bonhoeffer gleichwohl Bedenken. Er ahnt, dass es nur darum gehen kann, Hitler zu ermorden, doch Tyrannenmord kann er nicht mit seiner christlichen Grundhaltung vereinbaren. Aber er lässt sich überzeugen, fährt, als Kirchenabgesandter ins europäische Ausland, um über die Zustände in Deutschland zu berichten. "Nach drei Jahren Krieg - wer unterscheidet da noch zwischen Deutschen und Nazis?", fragt ein um Unterstützung bei den Alliierten gebetener schwedischer Bischof. Als das Attentat scheitert, fliegt die Widerstandsgruppe auf, auch Bonhoeffer wird verhaftet, deportiert und schließlich ermordet.

Dietrich Bonhoeffer, 1906 geboren und 1945 hingerichtet, ist einer der berühmtesten deutschen Widerstandskämpfer und der bekannteste Theologe der Bekennenden Kirche, die sich im Gegensatz zu der Evangelischen "Mutterkirche" nicht mit den Nationalsozialisten arrangieren wollte. Bonhoeffers Briefe, die er aus dem Zuchthaus an seine Verlobte Maria von Wedemeyer schrieb, sind vor einigen Jahren publiziert worden. Berührende Dokumente, aus denen Mut und Zuversicht sprechen, die im Gottesglauben Bonhoeffers wurzelten.

Der kanadische Regisseur Eric Till, dem eine deutsch-kanadische Produzentengemeinschaft diesen biografischen, aber nicht dokumentarischen Film anvertraut hat, setzt durch den Einsatz von Licht und Dunkelheit dramaturgische Akzente. Mitunter, wenn die Einstellung eines vom Sonnenuntergang blutrot gefärbten Horizontes Krieg, Gefahr, Verderben und Tod signalisiert, übertreit er damit ein bisschen. Und so überzeugend der Hauptdarsteller Ulrich Tukur den Theologen verkörpert - alle anderen Figuren, mit Ausnahme vielleicht noch von Ulrich Noethen als Hans von Dohnanyi, bleiben eher blass. Vor allem die Nazis, personifiziert in einem teuflischen Gegenspieler Bonhoeffers, erinnern an die Klischeedarstellungen im amerikanischen Propagandafilm der vierziger Jahre: Sie sind dämonisch und schmallippig und sadistisch-zynisch und zum Fürchten intelligent - oder das dumpfe Gegenteil, tumb-arisch und zum Fürchten brutal.

Unklar bleiben auch Bonhoeffers Motive für die überstürzte Verlobung mit Maria von Wedemeyer, einer sehr viel jüngeren ehemaligen Konfirmandin, die er über den Tod von Vater und Bruder an der Front hinwegtrösten muss. Überhaupt beschreibt ihn der Film als so stark und autark, dass er sozialer Beziehungen kaum zu bedürfen scheint.

Der stärkste und berührendste Teil dieses Films schildert Bonhoeffers Haftzeit. Man sieht ihn, allein, im Dunkel seiner Zelle, im Zwiegespräch mit Gott. Man hört, wie er anderen Gefangenen Mut zuspricht, wie er dadurch selbst einen Wärter für sich einnimmt. Und man versteht, warum er sowohl das Angebot der Nazis, seine Haut zu retten, als auch die ihm durch den von Maria bestochenen Wärter angebotene Fluchtmöglichkeit ausschlägt. So zeichnet "Bonhoeffer - Die letzte Stufe" ein plausibles Porträt seines Protagonisten. Wie viel die Geschichte freilich mit der realen Person Dietrich Bonhoeffers zu tun hat, mögen die Mitglieder der Bonhoeffer-Gesellschaft entscheiden, die zur Zeit in Berlin einen Kongress abhält.

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