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„Boy A“: Warte, bis das Böse kommt

John Crowley inszeniert, wie man beschädigte Leben einfach auf dem Schrottplatz entsorgen kann. in "Boy A" darf man auch einfach wieder von vorn beginnen.

Wäre es nicht wunderbar, wenn man das beschädigte Leben auf dem Schrottplatz entsorgen könnte? Wenn man trotz zerstörter Vergangenheit von vorne beginnen dürfte? Gerade aus dem Gefängnis entlassen, hofft der junge Jack Burridge auf die zweite Chance. Sein Bewährungshelfer hat ihm beste Voraussetzungen verschafft: neuer Name, neue Stadt, neuer Job. Klar, Jack braucht seine Zeit, um anzukommen. Ständig blickt er zu Boden, als traute er sich seinem erneuerten Leben nicht in die Augen zu schauen.

So sicher wir darauf bauen dürfen, dass sich die Lage im Laufe des Films zum Guten ändern wird, so klar ist es auch, dass sich in einem realistischen Sozialmelodram irgendwann das Böse zeigt. Wie von einem Kran gezogen, wird der Held in die luftigen Höhen des Guten gehievt. Wenn die Fallhöhe groß genug und uns der Protagonist längst ans Herz gewachsen ist, setzt unweigerlich der Suspense ein: Stürzt er ab – oder nicht? John Crowleys „Boy A“ könnte in dieser Hinsicht kaum konventioneller sein: Jack wird zum zärtlichen Liebhaber und Lebensretter aufgebaut; gleichzeitig wirft die düstere Vergangenheit schwarze Schatten auf die Zukunft.

Und doch kann man sich dem Film nur schwer entziehen. Das Drehbuch ist mustergültig, die Schauspieler herausragend. Letztlich überbringt das Sozialmelodrama immer die gleiche erschütternde Botschaft: Das Netz, in das wir gesponnen sind, ist hauchdünn. Lass einen kommen, der nicht einverstanden ist – und das Gewebe zerreißt wie Zuckerwatte. Es ist daher immer die Frage, wie diese Botschaft vermittelt wird. Bei „Boy A“ ist die Antwort: hochintensiv.

Heute 17.45 Uhr (Cinestar 3), 14. 2., 14.30 Uhr (Cubix 9), 16. 2., 22.30 Uhr (Colosseum 1).

Julian Hanich

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