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Brecht-Schauspieler: Ekkehard Schall gestorben

Der Schauspieler Ekkehard Schall ist im Alter von 75 Jahren gestorben. Schall gehörte zu den bedeutendsten Schauspielern des Berliner Ensembles und zu den wichtigsten Persönlichkeiten des deutschsprachigen Theaters.

Berlin (03.09.2005, 18:09 Uhr) - Er galt als Brecht-Schauspieler schlechthin. Ekkehard Schall, der am Samstag im Alter von 75 Jahren gestorben ist, war einer der profiliertesten Darsteller in Bertolt Brechts Berliner Ensemble. Der Meister persönlich hatte den exaltierten Heißsporn 1952 aus der ostdeutschen Provinz an das Theater am Schiffbauerdamm geholt. Schall spielte sich durch das ganze Brecht-Repertoire. Mehr als 60 Rollen verkörperte er an allein am Berliner Ensemble. Als «Jung-Siegfried» soll ihn Brecht damals bezeichnet haben. Auch privat war Schall mit der Familie eng verbunden. Er heiratete Brechts Tochter Barbara, mit der er bis zuletzt im brandenburgischen Buckow lebte.

Sein letztes großes Theaterprojekt, ausnahmsweise Shakespeare, konnte Schall nicht mehr verwirklichen. Am Volkstheater Rostock, wo seine Tochter Johanna Schauspieldirektorin ist, wollte er im nächsten Jahr den «Lear» spielen. «Wenn man noch einmal etwas arbeitet, dann überlegt man es sich vorher genau und steigt dann vollkommen hinein und macht es mit allem, was man noch kann», hatte er kurz vor seinem 75. Geburtstag im Mai noch gesagt. Da schrieb er gerade an seinem dritten Gedicht-Band. Auch im Theater 89, einer Freien Bühne in Berlin, war noch eine Premiere geplant: Rolf Hochhuths Theatermonolog «Tod eines Jägers» über die letzten Stunden Ernest Hemingway wollte er auf die Bühne bringen.

Am 29. Mai 1930 wurde Schall in Magdeburg geboren. Sein erstes Engagement trat er 1948 am Stadttheater Frankfurt (Oder) an. Später war die starke Bindung an Brecht die Basis seines Erfolgs. Spätestens in der Titelrolle des Stücks «Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui» gelangte der Brecht-Protagonist zu Weltruhm.

Nach dem Gastspiel des Berliner Ensembles beim Theater der Nationen in Paris im Jahr 1960 schrieb der «Figaro»: «Das ist Victor Boucher und Charlie Chaplin in einer Person.» Schalls großes Vorbild aber war der Schauspieler und Sänger Ernst Busch. Der war in seinen Augen «so wunderbar proletarisch in jeder Aussage, jeder Rolle». Mehr als 500 Mal spielte Schall den mafiösen Arturo Ui.

Neider bezeichneten Schall oft als «Hauptrollenspieler». Der Schauspieler beeindruckte als Coriolan, Azdak, Puntila, Fatzer, Baal und Galilei. Zu DDR-Zeiten trugen auch Fernsehproduktionen wie «Schlösser und Katen», «Berlin - Ecke Schönhauser», «Wolf unter Wölfen» oder «Die unwürdige Greisin» zu seiner Popularität bei. Bis in die 90er Jahre gehörte Schall dem Berliner Ensemble an, von 1977 an war er dort auch stellvertretender Intendant.

Ohne großes Aufsehen zog sich Schall nach dem Mauerfall von «seiner» Bühne zurück. Er spielte an anderen Berliner Theatern und in der Off-Szene, gastierte in Salzburg und bei den Ruhrfestspielen Recklinghausen. 1996 kehrte Schall noch einmal an das Berliner Ensemble zurück: Für die Uraufführung von Heiner Müllers letztem, posthum aufgeführten Stück «Germania 3 - Gespenster am toten Mann».

Einen Skandal provozierte der Schauspieler, als er für CD-Aufnahmen Auszüge aus Adolf Hitlers «Mein Kampf» las. Der Verlag zog die Aufnahme schließlich zurück. Mit seiner Tochter Johanna und dem Brecht-Programm «Eins gegen eins oder ich hab (B)Recht» tourte Schall 1998 erfolgreich durch ganz Deutschland. Unter der Regie von Ulrich Mühe spielte Schall im vergangenen Jahr in «Der Auftrag» - aufgeführt zum Gedenken an den 75. Geburtstag von Heiner Müller. (Von Elke Vogel, dpa)

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