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Kultur: Breite Spitze

Zeitgenossen: In London erzielen die Auktionen Preise wie zu Boomzeiten

Zwei Wochen intensiver Auktionsarbeit in London haben bestätigt, dass es am Kunstmarkt wieder rundläuft. Der Gesamtumsatz von 425 Millionen Pfund lag fast schon wieder auf dem Niveau von 2008. Manche Preise liegen in Wirklichkeit darüber, denn bei der Kunstschwemme von 2008 waren die Auktionskataloge kaum noch zu schleppen. Die Zahl der versteigerten Lose ist immer noch geringer als im Jahr des Booms. Wer den Zahlen misstraute, wurde in Sotheby’s Contemporary Auktion überzeugt, als Demonstranten die Auktion mit einem Protest gegen die „Orgie der Reichen“ unterbrachen. Solche Proteste sind ein untrügliches Zeichen dafür, dass die Superreichen auf dem Kunstparkett alle Hemmungen abgelegt haben.

„Alles läuft wieder ausgeglichen“, freute sich Phillips Contemporary-Chef Michael McGinnis. Auch das auf junge Kunst und preisliche Mittelware spezialisierte Auktionshaus konnte Rekorde melden: Ein kraftvolles, mit Inkjet-Tinte auf Leinwand gedrucktes Doppel X Wade Guyton zum Beispiel, das mit 223.250 Pfund einen Rekord für den Künstler brach, den Christie’s erst einen Abend zuvor aufgestellt hatte. „Der Markt ist gesünder als 2008“, behauptete Christie’s Auktionator Jussi Pylkännen nach Christie’s glänzend verlaufener Abendauktion. Seit der Wirtschaftskrise seien viele neue Sammler hinzugestoßen. Und die alten sind immer noch dabei: Die globale Nachfrage mache den Kunstmarkt „nachhaltiger“ denn je. Im Mittelmarkt steigen die Preise auf breiter Front, das zeigten Rekorde für Gary Hume, Glenn Brown, Jenny Saville, deren monumentaler, fleischiger Selbstporträt-Akt „Branded“ 1,4 Millionen Pfund brachte. Bei Sotheby’s wurde Franz Gertschs hyperrealistische Feinmalerei „Luciano Castelli“ auf 1,5 Millionen Pfund gesteigert – sein hypnotischer Fotorealismus kommt fast nie auf den Markt. In einer langen Schlacht ersteigerte der Düsseldorfer Kunstberater David Achenbach das Bronzeunikat „Conversation Piece“ von Juan Muñoz auf über 3,8 Millionen Euro. Beide Werke waren im Sammlermuseum Weserburg bei Bremen

An der Spitze sind die Matadore der Auktionsarena zurückgekehrt. Francis Bacon zerstreute in der Vorwoche alle Bedenken: 23 Millionen Pfund wurden für das Triptychon mit den Porträts seines Malerkollegen Lucian Freund bezahlt – ein riesiger Preis für ein kleines Werk aus einer exquisiten Genfer Sammlung, für die Sotheby’s sagenhafte 93 Millionen Pfund einlöste. Warhol stellte das Toplos der Woche, als sein großes „72 Inch“- Selbstporträt von 1967 von Larry Gagosian auf 10,8 Millionen Pfund (12,9 Millionen Euro) gesteigert wurde: Skeptiker könnten denken, das Bild, mit nur einem Maldurchgang in leuchtendem Zinnoberrot, sei unfertig – aber gerade die karge Festlichkeit berückte die Käufer.

Gerhard Richter hatte eine glänzende Woche. Seine große Abstraktion von 1990 wurde bei Sotheby’s für 7,2 Millionen Pfund an einen chinesischen Telefonbieter verkauft. Eine herrliche, stahlblaue Abstraktion, die 2005 für 657 600 Pfund ersteigert wurde, brachte 3,2 Millionen Pfund. Richter ist, wie Warhol oder Hirst, der Prototyp des globalen Künstlers, der in allen Weltregionen verstanden wird.

Auch Damien Hirst kehrt zurück. Unter mehreren guten Verkäufen war eine Schmetterlingsarbeit aus der legendären „Beautiful“-Auktion von 2008, die heute als Gipfel des Kunstmarktrausches von 2008 gilt: Sie konnte mit 361 250 Pfund ihren damaligen Preis schon bei der ersten Marktrückkehr schlagen.

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