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Kultur: Britzer Sommernachtstraum Der Kulturstall spielt „Trophonios’ Zauberhöhle“

Die Zauberhöhle ist drehbar. So entsteht gelegentlich Verwirrung, durch welchen Eingang die jungen Leute herein- und wieder herausgehen.

Die Zauberhöhle ist drehbar. So entsteht gelegentlich Verwirrung, durch welchen Eingang die jungen Leute herein- und wieder herausgehen. Das ist nicht ganz unwichtig, denn es handelt sich um eine Durchgangshöhle. Wer vorne rein und hinten raus geht, der ändert seinen Charakter ins Gegenteil. Wer denselben Weg zurückgeht, erhält auch wieder seinen alten Charakter.

Es scheint so, als hätte Regisseurin Tatjana Rese gelegentlich den Überblick verloren, wo vorne und hinten ist in Antonio Salieris turbulenter Liebesverwirrungsoper „Trophonios’ Zauberhöhle“. Aber wer wer will schon so kleinlich sein bei dieser flotten Komödie im Kulturstall des Schlosses Britz? Die Versuchsanordnung ist klar: Euphelia ist ein Bücherwurm, Doris ein lebensfrohes junges Ding. Ihre Liebhaber sind passend dazu ein moralisierender Junggelehrter und ein heiterer Luftikus. Nur zu gerne gibt Vater Ariston seinen Segen. Weil die Oper dann aber schon nach einer Viertelstunde vorbei wäre, müssen Komplikationen her. Also werden die Paare flugs in den Wald geschickt, wo ihnen der Hippie und Höhlenbesitzer Trophonios erst mal einen Joint in die Hand drückt. Derart entspannt erkunden die beiden Männer die drehbare Grotte, in der sie prompt ihren Charakter ändern. Die daraus resultierenden Liebesverwirrungen bieten dann hinreichend Singanlässe für ein abendfüllendes Werk und werden szenisch in amüsanten Slapstick aufgelöst.

Das ist eine kluge Entscheidung, denn die Handlung erinnert zwar von fern an Shakespeares „Sommernachtstraum“ oder an Mozarts „Così fan tutte“, erreicht aber deren tiefe Charakterzeichnung nie. Im Grunde ist die Geschichte auch bis zur Pause auserzählt, aber danach gehen auch die Frauen in die Höhle und alles beginnt noch einmal von vorne. Während die Handlung also im zweiten Teil arg vorhersehbar ist, fallen Antonio Salieri hier noch einige sehr schöne und überraschende musikalische Effekte ein.

Bis dahin hatte er sein Werk mit Versatzstücken aus dem Baukasten der Opernkonvention bestückt, aber jetzt erfreuen Arien mit zwitschernder Klarinettenbegleitung, fein ziselierte Ensembles, die in ihrer vorwärtsdrängenden Motorik bereits auf Rossinis Maschinenmusik vorausweisen, und zweifellos ironisch gemeinte Zauberszenen. Das macht viel Spaß, auch wenn die Szenen durch eine nicht besonders elegante deutsche Übersetzung weniger Tempo haben als sie vertragen würden. Wenn schon auf Deutsch, dann auch gleich in Berlin, dachten sich die Übersetzer Bettina Bartz und Werner Hintze, beide aus der Komischen Oper noch in nachhaltiger Erinnerung. So berlinern die heiratswilligen Töchter Andrea Chudak und Carolin Löffler, was das Zeug hält und stürzen sich mit großem Körpereinsatz ins turbulente Geschehen.

Noch ein bisschen eleganter als diese beiden singen die Baritone Tobias Hagge, als in moralischer und gesanglicher Hinsicht gleichermaßen flexibler Vater, und Matthias Jahrmärker, der forschere der beiden Liebhaber. Das hinter den Sängern postierte Kammerorchester wird von Stefan R. Kelber kundig und mit hinreichend straffer Hand geleitet und begleitet die Komödie detailreich. Für den Dirigenten ist die Koordination mit den Sängern in seinem Rücken nicht immer leicht, aber es spricht für die musikalische Einstudierung und die Souveränität der Solisten, dass kleine Wackler sofort korrigiert werden und das Ensemblespiel nie auseinanderfällt.

Ein musikalischer Sommerspaß im Britzer Kulturstall (wieder am heutigen Sonntag um 16 Uhr und am 9., 10. und 11. August), der auch all jenen Vergnügen bereitet, die nur selten in ein Opernhaus gehen. Die Verwirrungen werden übrigens rückstandslos aufgelöst: Die Paare vom Anfang kommen mit ein wenig Zauberei wieder zusammen und alle sind glücklich. Um die komplizierteren Fälle kümmern wir uns ein andermal. Uwe Friedrich

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