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Kultur: Brüderlich

Enoch zu Guttenberg dirigiert Beethoven.

Die alte Frage: Womit ein Werk wie Beethovens Neunte kombinieren? ImGrunde kann man hier nur verlieren. Enoch zu Guttenberg probiert es mit Brahms, mit dem Schicksalslied und der Rhapsodie für Altsolo, die inhaltlich und formal durchaus auf das Kommende vorbereiten. Das Publikum in der Philharmonie fremdelt trotzdem mit ihnen. Die Frische des Chors der Klangverwaltung und die in betörend dunklen Farben getönte Altstimme von Hilke Andersen wecken jedoch hier schon freudige Erwartung auf Beethoven. Die vom Orchester der Klangverwaltung erst einmal enttäuscht wird. Der Eindruck des Abgehackten, Spröden, Angestrengten, der sich durchs Allegro zieht, entsteht dadurch, dass zu Guttenberg, seiner tänzelnden Gestik zum Trotz, extrem kurz phrasiert, kaum eine Passage ausschwingen lässt.

Ja, da sind gelungene Details, im Scherzo vor allem die Crescendi und das vollblütige Holz. Und doch liefert das forsche Tempo, das zu Guttenberg vorgibt, ein klassisches Stürmer-und-Dränger- Bild von Beethoven, eine Interpretation, die keine neuen Fragen stellt. Als dann mit Tareq Nazmis kehlig-leuchtendem Bariton der Gesang einsetzt, biegt der Abend aber doch noch ins Glückliche ab. Die Solisten meistern die unmöglichen Partien mit Eleganz. Schlichtweg großartig singt der Chor: Glasklar geschichtet erklingen die Stimmen, logisch-nachvollziehbar und dennoch sinnlich und geschmeidig. Die Vision von der verbrüderten Menschheit ist für einen Augenblick mehr als Utopie, sie bekommt etwas sehr Anschauliches in der Musik. Udo Badelt

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