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Kultur: Brutaler Schlussakkord

KLASSIK

Nach dem Adagio Lamentoso das Lamento: Am Ende des Konzerts bekam Tschaikowskys Finale eine ungeahnte Fortsetzung. Die Berliner Symphoniker sind in ihrer Existenz bedroht. Chefdirigent Lior Shambadal geißelte nach dem Konzert mit scharfen Worten eine brutale Sparpolitik, die sein Orchester zu eliminieren droht. Und Recht hat er: Dieser Klangkörper ist erfolgreich, hat große Tradition und ein treues Publikum. Ein Publikum, dass sich in seiner Sozialstruktur von dem anderer Berliner Orchester unterscheidet. Es wird sich nicht einfach woanders hinschaufeln lassen.

Begonnen hatte das nachmittägliche Programm im Konzerthaus Berlin gar nicht lamentös. Musik chinesischer Komponisten stand auf dem Programm, und die war eher heiter und licht, aber leider auch recht belanglos. Tan Duns „Self-Portrait“ für Streichorchester bietet schillernde exotische Klangflächen, für Filmmusik bestens geeignet. Das Konzert für Saxophonquartett und Orchester von Chen Yi gefällt sich in artigen pentatonischen Klängen und brillanten Läufen. Es ist schwer, eine Komponistin, die sich in der Kulturrevolution durchschlagen musste und als erste Chinesin ein Masters-Diplom in Komposition erworben hat, zu beurteilen, aber spannend war das nicht. Immerhin verwöhnte das Raschèr Quartett die Hörer mit gewohnt sattem Ensembleklang. Tschaikowskys „Pathétique“ geriet dann zum Höhepunkt des Konzerts. Shambadal hielt den zerfurchten ersten Satz souverän beisammen, gab den Kantilenen des zweiten Satzes genau den richtigen Raum, ließ den folgenden Marsch ordentlich klirren und sparte sich unverhülltes Pathos für das Finale, denn da gehört es hin.

Ulrich Pollmann

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