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Kultur: BSE-Krise: Unter Aufsicht

Mit ihrem Rücktritt, so sagte Andrea Fischer am Dienstagabend, wolle sie den Weg frei machen. Für einen personellen Neuanfang an der Spitze des Gesundheitsministeriums - und für eine Verbesserung des Verbraucherschutzes.

Mit ihrem Rücktritt, so sagte Andrea Fischer am Dienstagabend, wolle sie den Weg frei machen. Für einen personellen Neuanfang an der Spitze des Gesundheitsministeriums - und für eine Verbesserung des Verbraucherschutzes. Das heizt die Diskussion um eine Neuordnung der Zuständigkeiten für den Verbraucherschutz weiter an. Ist der Ausstieg von Fischer und Landwirtschaftsminister Funke möglicherweise der erste Schritt in Richtung eines neuen Verbraucherschutz-Ministeriums? Dies hatte die BSE-Beauftragte der Bundesregierung, Hedda von Wedel (CDU), bereits am Montag als ein Modell bezeichnet, "über das wir diskutieren werden". Es sei "sehr gut möglich", dass die Zuständigkeiten der Ministerien für den Verbraucherschutz neu geregelt werden müssen. Die Zusammenarbeit von Gesundheits- und Landwirtschaftsministerium wurde von ihr dabei ausdrücklich kritisiert. Bis Frühsommer will sie mit ihrer Arbeitsgruppe Schwachstellen bei der Zusammenarbeit von Bund und Ländern und Schwachstellen bei der Aufgabenverteilung zwischen den Ministerien bei der Bekämpfung von BSE analysieren. Möglicherweise schlägt sie dem Kanzler danach vor, ein eigenes Verbraucherministerium einzurichten.

Michael Müller, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, gewinnt dieser Idee durchaus Charme ab. Auch er beklagt, dass der Verbraucherschutz als eine eigenständige Aufgabe bislang mindestens vier Ministerien berührt: Gesundheit, Landwirtschaft, Umweltschutz und Wirtschaft. Müller meint aber, Verbraucherschutz müsse "als eigenständige Aufgabe anerkannt und politisch höher bewertet werden". Seine Folgerung: "Die Einrichtung eines Verbraucherministeriums sollte durchaus in Erwägung gezogen werden." Heute seien zahlreiche Stellen, Institutionen und Ämter in den verschiedensten Bereichen für Verbraucherfragen zuständig, klagt Müller. "Es fehlt das gemeinsame Dach."

Das sieht die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Regina Schmidt-Zadel, ähnlich. In ihren Augen erweist es sich heute als "schwerer Fehler", dass der frühere Gesundheitsminister Horst Seehofer (CSU) nach dem Aids-Skandal das Bundesgesundheitsamt 1994 in mehrere unabhängige Institute zerschlagen hat. Derzeit arbeiten unter der Dienst- und Fachaufsicht des Gesundheitsministeriums deswegen sechs Institute. Nach Ansicht von Schmidt-Zadel könnte es "eine erste Maßnahme" sein, wieder ein zentrales Bundesgesundheitsamt zu schaffen. Außerdem müssten die zersplitterten Zuständigkeiten der Ministerien gebündelt werden. Nach Ansicht der gesundheitspolitischen Sprecherin der SPD-Fraktion könnte das zum Beispiel beim Gesundheitsministerium geschehen. "Das wäre eine Variante", sagte sie dem Tagesspiegel.

Unter den deutschen Verbraucherverbänden ist die Idee eines neuen Ministeriums hingegen umstritten. Einerseits hat der Präsident der Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände, Heiko Steffens, sich wiederholt für die Einrichtung eines eigenständigen Ministeriums für Verbraucherbelange stark gemacht. Nur so könne die bisherige "Zersplitterung der Zuständigkeiten" beendet werden, die beim Umgang mit BSE deutlich geworden war. Der Bundesverband "Verbraucher Initiative" hingegen, der der Umweltbewegung nahe steht, lehnt den Ruf nach einer weiteren Behörde ab. "Ein neues Superministerium könnte kaum allen Anforderungen gerecht werden", sagt Verbandssprecher Ralf Schmidt dem Tagesspiegel. "Verbraucherschutz betrifft ja nicht nur die Ernährung, sondern alle Lebensbereiche und alle Ressorts." Die "Verbraucher Initiative" spricht sich aber dafür aus, die "Aufsplittung" von Verbraucherschutz-Kompetenzen zwischen Landwirtschafts- und Gesundheitsministerium zu beenden und diese ganz der Nachfolgerin oder dem Nachfolger von Andrea Fischer zuzuschlagen.

Auch beim Handel und der FDP stieß die Idee eines Verbraucherschutzministeriums am Dienstag auf Ablehnung. Zwar müsse das Kompetenz-Wirrwarr innerhalb der Bundesregierung beseitigt werden. Dazu sollten die Zuständigkeiten im Wirtschaftsministerium konzentriert werden, erklärte der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels (HDE) am Dienstag. Das Wirtschaftsressort sei schon heute federführend für den Verbraucherschutz. Die verbraucherpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Gudrun Kopp, setzte sich für die Einführung eines Beauftragten oder eines Amtes für Verbraucherfragen ein. Ein eigenständiges Ministerium würde dagegen nur einen "bürokratischen Wasserkopf zu hohen Kosten" schaffen.

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