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Kultur: Buddha-Ausstellung: Jenseits der Heiterkeit

Es liegt ein Lächeln auf jedem Gesicht. Erleuchtung muss ein wunderbarer Zustand sein - wenn wir die Mienen der Buddhas und Bodhisatvas im Alten Museum mal ganz unbuddhistisch-profan deuten.

Es liegt ein Lächeln auf jedem Gesicht. Erleuchtung muss ein wunderbarer Zustand sein - wenn wir die Mienen der Buddhas und Bodhisatvas im Alten Museum mal ganz unbuddhistisch-profan deuten. Fast 900 Jahre lagen sie - Skulpturen und Reliefs aus Tempeln und Klöstern - in ihrem Grab in Qingzhou in der Provinz Shandong im Westen Chinas. 1996 entdeckt, sind 35 Votiv-Stelen, Buddha-Statuen und -köpfe jetzt im Obergeschoss des Alten Museums zu sehen. Den "Höhepunkt der diesjährigen Asien-Pazifik-Wochen" nennt der Generaldirektor der Staatlichen Museen, Peter-Klaus Schuster, diese Ausstellung.

Ein verständlicher Stolz. Denn nicht nur,dass die Objekte bisher noch nie in Europa gezeigt wurden (sie reisen noch nach Zürich und London); auch ihre kunstgeschichtliche Bedeutung gilt als eminent. In jedem Fall geht ein Zauber von ihnen aus, in stiller Anmut, edler Würde, wie man Winckelmanns Diktum über die Klassik paraphrasieren könnte - eine jenseitige Heiterkeit.

Die Entdeckung und Bergung der insgesamt mehr als 400 buddhistischen Kalksteinskulpturen und -bruchstücken (deren besterhaltene nun nach Berlin gekommen sind) ist einem Zufall zu verdanken. Bei Planierarbeiten für einen Schulhof wurde die Grube entdeckt, und läge nicht das Museum der Stadt in unmittelbarer Nähe des Fundortes - wer weiß, wieviele der Stücke in dunklen Kanälen verschwunden wären. Vermutlich sind es buddhistische Mönche gewesen, die sie Anfangs des 11. Jahrhunderts begraben haben, voll Ehrerbietung für die damals schon beschädigten und möglicherweise außer Gebrauch stehenden Bildwerke. Die meisten dürften in Verbindung mit dem Longxing-Kloster in Qingzhou gestanden haben, aber sowenig dieses noch existiert, sowenig weiß man über den Grund der Grablegung und das Schicksal der Figuren in den Jahrhunderten seit ihrer Entstehung: Der größte Teil - und alle in Berlin gezeigten - stammt aus dem 6. Jahrhundert, aus den Dynastien der Nördlichen Wei (386-534), der Östlichen Wei (534-550) und der Nördlichen Qi (550-577).

Vergoldet strahlen die Körper: Das ist das innere Leuchten des Buddhas, zusätzlich ausgedrückt durch einen steinernen oder gemalten Nimbus - dem Schein der Heiligen. Das Gold auf den Gesichtern aber ist teilweise noch erhalten, ebenso das kräftige Rot, Grün und Blau der Gewänder. Wie reich die Farbigkeit der Skulpturen gewesen sein muss, einstmals, als sie den Buddha verkörperten, verehrt und angebetet wurden - oder einfach auch nur um etwas gebeten wurden. Die rechte Hand dieser Buddhas ist immer erhoben, Handfläche nach außen: die Geste der Furchtlosigkeit. Die linke, Handfläche ebenfalls nach außen, gesenkt: die Geste der Gewährung. Die Bodhisattvas - Heilige, die auf den Eintritt ins Nirvana verzichten, um anderen auf dem Weg zur Erlösung zu helfen - stehen, den Buddha flankierend, auf Lotos-Podesten, halten oft die Blüten dieses Reinheitssymbols in der Hand.

Die stilistischen Unterschiede zwischen den Skulpturen der Wei- und denen der Qi-Zeit sind erheblich. Erstere zeigen chinesische Kleidung, chinesische Drachen, die Körper sind schematisiert. Vom indischen Gupta-Stil dagegen beeinflusst zeichnen sich bei letzteren die Körperformen durch dünne Gewändern deutlich ab. Was aber alle Bildnisse auszeichnet, ist die Delikatesse ihrer Gestaltung. Und wie verschieden, trotz aller ikonographischen Vorgaben, die Anlitze sind! Weltabgewandt oder dem Gläubigen zugeneigt, in sich versunken oder ermutigend, beseelt, gnädig oder verheißungsvoll - die Erleuchtung kennt eben viele Weisen des Lächelns.

Holger Wild

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