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Bücher: Analog bleibt besser

Ein Buch über die Zukunft des Buchs.

Die neuen Eingeborenen des Online-Zeitalters müssen hier die Reaktion am Werk sehen: Umberto Eco und Jean-Claude Carrière, zwei Bibliophile, ach was: Bibliomane, reden über Bücher. Bücher aus Papier. Sie reden darüber, was man mit ihnen alles machen kann: kaufen, klauen, ersteigern, sammeln, lesen, mehrmals lesen, nicht lesen, versichern, verbrennen, vergessen. Und stellen dem Buch eine „große Zukunft“ in Aussicht.

Alles bleibt gut, beruhigen sie uns. Eco, zugegebenermaßen ein Hans Dampf in allen Gassen der Gutenberg-Galaxis, und Carrière, Drehbuchautor für das große Kino der Tatis, Buñuels oder Godards, glauben: Das Buch kann man nicht verbessern. Wie den Löffel. Oder das Rad. Dass das Buch eine große Vergangenheit hat, steht außer Frage. Natürlich sind wir geprägt von Buchreligionen, sind Schreiben und Lesen unhintergehbare Kulturtechniken. Und zu Recht amüsieren sich beide über die Konkurrenz: angeblich dauerhafte digitale Speichermedien, die sich flott selbst überbieten und unlesbar werden. Nur sind Lesen und Schreiben ans Papier nicht alternativlos gebunden. Auch wird nicht klar, woher unserer Kultur, diesem permanenten „Prozess des Auswählens“, durch die Digitalisierung die größere Gefahr droht: von der Möglichkeit, alles zu verlieren oder der, alles zu speichern. Selbstverständlich ist dieses trotzige, amüsante, gebildete Plädoyer zweier so verdienstvoller wie betagter Herren eine kurzweilige Lektüre. Ein Plauderbuch, dem es weniger um argumentative Stringenz als um Anekdoten geht. Man erfährt, dass es in der Pariser Bibliothèque Nationale zwei Millionen Titel gibt, die nie verlangt wurden. Und man erhält eindrucksvolle Belege dafür, dass Halbwahrheiten, Irrtum, Unaufrichtigkeit und Dummheit nicht erst mit dem Internet auf die Welt kamen. Doch gerade angesichts der Bücher, die Eco und Carrière sonst schreiben, scheint dieses Buch entbehrlich. Immerhin offenbart es einen der Gründe, aus denen jährlich um die 90 000 Titel auf den deutschen Markt kommen. Einige Bücher sind eben vor allem eines: Verwertungsmedium anderswo erworbener Prominenz.

Übrigens: Bei einem Wohnungsbrand würde Umberto Eco zuerst seine externe Festplatte retten. Steffen Richter

Umberto Eco, Jean-Claude Carrière: Die große Zukunft des Buches. Gespräch mit Jean-Philippe de Tonnac. Übersetzt von Barbara Kleiner, Hanser, München 2010. 288 Seiten, 19,90 €.

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