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Bücher: Glattes macht nicht glücklich

"Idiome", ein neues Heft für Prosa, will der neuen deutschen Erzählart à la Kehlmann und Franck dazwischen funken und mit der Sprache wieder Experimente anstellen. Heute wird die erste Ausgabe in Berlin vorgestellt.

Es ist gerade zehn Jahre her, da ging ein Aufatmen durchs Land: Endlich erzählen sie wieder. Vorbei sei es mit der Nabelschau und Lebensferne deutscher Romane, vorbei mit der schlimmen Avantgarde und ihrer freudlosen Experimentiererei.

Tatsächlich ist die deutschsprachige Literatur seit dem Ende der neunziger Jahre um einiges welthaltiger geworden (siehe Daniel Kehlmann oder Ilija Trojanow), auch wird umstandsloser erzählt (siehe Julia Franck oder Ingo Schulze), selbst das deutsche Exportproblem hat sich ein wenig entspannt. Aber so richtig glücklich machen auch Romane nicht, die reibungslos wie Schweizer Uhrwerke dahinschnurren. Denn wo die Glätte am größten ist, da wächst auch das Unbehagen. Literatur ist nun mal ein ziemlich kompliziertes Zeichensystem, das Leben fließt nicht unmittelbar aufs Papier.

Da wirkt es geradezu wohltuend, wenn mal jemand den hübsch am Leben entlang fabulierten Texten in die Parade fährt. Das will "Idiome" tun, ein neues Heft für neue Prosa. Letztere soll irgendwo zwischen stromlinienförmig-marktgängigen Romanen und esoterisch-elitären Gedichten liegen, die Sprache ernst nehmen oder mit ihr spielen. Und weil die letzte literarische Avantgarde ohnehin eher in Frankreich (Nouveau Roman), Italien (Gruppo 63) oder Österreich (Konkrete Poetiker) zu Hause war, verwundert nicht, dass das Jahrbuch „Idiome“ ein österreichisch-deutsches Gemeinschaftsprojekt ist.

Seine erste Nummer wird heute (20 Uhr) in der Literaturwerkstatt vorgestellt (Knaackstr. 97, Kulturbrauerei, Prenzlauer Berg). Mit den Herausgebern Lisa Spalt und Florian Neuner sowie den Autoren Ulrich Schlotmann und Stefan Schweiger kann man den sicheren Raum der geschlossenen Fiktion verlassen und mal wieder das Hirn lüften.

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