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Auszeichnung: Theaterpreise: Andere Welt

Das Fachblatt "Theater heute" hat die Künstler des Jahres gekürt. Auch eine Inszenierung des im Juni verstorbene Regisseurs Jürgen Gosch wurde ausgezeichnet.

„Du musst eine andere Welt in dir sehen als wir. Und versuch, den Theaterton zu vermeiden.“ Mit solchen klaren, schönen Sätzen hat der im Juni verstorbene Regisseur Jürgen Gosch seinen Schauspielern die Kunstfertigkeit und die Künstlichkeit ausgetrieben. Wie Gosch sein direkt ins Herz treffendes Menschentheater entstehen ließ, davon gewinnt man aus den Probennotaten zur „Möwe“ des Dramaturgen Michael Eberth einen Eindruck, die nun im „Jahrbuch 2009“ des Fachblatts „Theater heute“ nachzulesen sind.

In der alljährlichen Kritikerumfrage des Magazins ist Goschs famose Tschechow-Adaption zur Inszenierung des Jahres gewählt worden, der vierte Gosch-Sieg seit 2004. Zur Nachwuchsschauspielerin des Jahres kürten die 41 Journalisten seine Nina, die wunderbare Kathleen Morgeneyer. „Theater des Jahres“ wurden die Münchner Kammerspiele, deren Intendant Frank Baumbauer nach acht Jahren seinen Abschied nimmt. Von dort kommt auch der „Bühnenbildner des Jahres“, Andreas Kriegenburg, der identisch ist mit dem Regisseur Kriegenburg. Der Theatermann mit den zwei künstlerischen Seelen in der Brust wurde für das Drehbühnenbild eines allsehenden Auges mit rotierender Pupille geehrt, das er für seine Münchner Kafka-Bearbeitung „Der Prozess“ entwarf. Kriegenburgs künftige Wirkungsstätte als Hausregisseur, das DT, hat mit dem Briten Dennis Kelly den „ausländischen Autor des Jahres“ im Spielplan der neuen Saison: Kellys Stück „Taking Care of Baby“ spürt dem Tod zweier Geschwister nach. Zum „deutschsprachigen Stück des Jahres“ wählten die Experten des Theateralltags Elfriede Jelineks „Rechnitz (Der Würgeengel)“.

Aus Österreich kommt auch die „Schauspielerin des Jahres“, Birgit Minichmayr. „Schauspieler des Jahres“ wurde Alexander Scheer als „Kean“ in Frank Castorfs gleichnamiger Dumas-Bearbeitung. Dass damit die Volksbühne wieder ins Licht rückt, passt zum Thema des Jahrbuchs, das unter dem Titel „1989 – Glückliche Tage“ in einer Reihe lesenwerter Beiträge der wilden Wendezeit an ostdeutschen Bühnen nachspürt. Der HAU-Intendant Matthias Lilienthal sagt da in einem Gespräch über die Volksbühnen-Anfänge: „Die frühen Arbeiten von Castorf waren ja durchaus eine Fortsetzung der Arbeiten von Jürgen Gosch Ende der 70er Jahre am selben Theater.“

Theater heute – Jahrbuch 2009, Friedrich-Berlin-Verlag, 184 S., 24,80 Euro

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