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Britischer Humor: Dambusters in der Deutschen Oper

Nach mir die Sintflut: Christine Lemke-Matwey hat sich einen britischen Abend in der Deutschen Oper angetan.

Rosenmontag am Rhein ist nichts dagegen. Auf der Bühne der Deutschen Oper: jede Menge großer Stoffkatzen, -krokodile und -affen, reichlich betagt und räudig. Im Saal: jede Menge Damen und Herren mit knallroten, knalllustigen Pappnasen. Und auch auf der Bühne: der Kabarettist Eckart von Hirschhausen, der drei Stunden lang das abliefert, was der veranstaltende Lions Club Berlin-Wannsee sich unter einer professionell superlustigen Moderation vorstellt. Stolperige Interviews, längliche Zitate aus des Künstlers neuestem Buch sowie ziemlich viele räudige Witzlein. Wäre da nicht der gute Zweck des Abends (für das Kinderhaus Berlin und ein Projekt der Bürgerstiftung), man würde mit Herrn Dr. von Hirschhausen, der sich selber ein bisschen peinlich ist, auf der Stelle vor Scham vergehen.

Auch der zweite Teil hält in dieser Hinsicht, was der erste verspricht. Auf Saint-Saëns’ „Karneval der Tiere“ folgt nun The Best of British (inklusive „Pomp and Circumstance“) – und der brav das Stöckchen schwingende Solotrompeter Martin Baeza Rubio wird gegen 21 Uhr 30 tatsächlich von Donald Runnicles abgelöst, dem designierten Generalmusikdirektor der Deutschen Oper. Nicht dass der gebürtige Schotte in Landestracht vors Berliner Publikum getreten wäre oder als wandelnder Klingelbeutel; ein wenig maskiert aber wirkt es schon, wie Hausherrin Kirsten Harms ihn inthronisiert. Sie von makelloser Eleganz, er mit Ziehharmonikahose und stoisch-störrischer Miene. Karnevalesker hätte man nicht zum Ausdruck bringen können, dass diese beiden bis 2011 kaum mehr verbindet als ein eher unsanftes professionelles Los.

Prompt landet Runnicles die einzig wirklich gute Pointe des Abends. Sein letzter „Ring“ an der Bismarckstraße habe die Musiker derart berauscht, dass sie nicht anders konnten, als ihm postwendend ein rein britisches Programm anzutragen ... Und das hat es in sich. Zum einen ist es schwer, patriotische Inselkracher wie Elgars „Imperial March“ oder Thomas Arnes „Rule, Britannia“ (mit Markus Brück) einigermaßen klangsensibel und transparent wiederzugeben. Zum anderen dürfte dem Orchester der Deutschen Oper jedes typisch britische Idiom, jede Ironie bis auf Weiteres wohl abgehen. Ralph Vaughan Williams’ „Greensleeves“ erweisen sich trotzdem als unverwüstlich.

Dass Runnicles über eine gehörige Portion schwarzen Humor verfügt, zeigt sich an Programmpunkt Nr. 4, dem „Dambusters March“ von Eric Coates. Als 617. Squadron der Royal Air Force haben die Dam Busters im Zweiten Weltkrieg deutsche Staudämme, Brücken und Eisenbahntunnel bombardiert – mit durchschlagendem Erfolg. Die Einheit existiert bis heute. Ihr französisches (!) Motto: „Après moi le déluge“. Nach mir die Sintflut. Oder auch: Aschermittwoch.

Christine Lemke-Matwey

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