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Spielsachen: Nicht ohne meine Frauenkleider

Abul-Hasan Banisadr, der erste gewählte Präsident des Iran nach der Islamischen Revolution 1979, soll nach seiner Absetzung 1981 als Frau verkleidet ins französische Exil geflohen sein. Dieses Gerücht greift Ayat Najafi jetzt in seinem Theaterabend "Teheran Banou: Lady Teheran" im Ballhaus Ost auf.

Der Regisseur, der spätestens seit seinem Berlinale-Dokumentarfilm „Football under Cover“ aus dem Jahr 2008 über das schwierige Zustandekommen des ersten deutsch-iranischen Frauenfußballmatchs auch hierzulande bekannt ist, hat die iranische Geschichte nach Crossgender-Erzählungen durchforscht: Wo und warum maskieren sich Männer als Frauen und umgekehrt? Dass solche Geschlechterrollenspiele, die auf westeuropäischen Bühnen, etwa bei William Shakespeare, mindestens in jeder zweiten Komödie zum Tragen kommen, im Iran eine völlig andere Brisanz besitzen, liegt auf der Hand.

Najafi stellt die Frage deshalb anders: Wie können internationale Schauspieler und Tänzer – von Argentinien bis Deutschland – dieses iranische Crossgender-Material für sich übersetzen? Gibt es zum Beispiel Berührungspunkte zwischen westeuropäischen feministischen Sujets und der 1852 in Teheran hingerichteten Schriftstellerin und Frauenrechtlerin avant la lettre Tahereh Ghoratolein, die als erste öffentlich den Tschador ablegte? Oder sind derartige Parallelen vermessen? Verschiedene Akteure wie der Choreograph und Tänzer Ingo Reulecke oder die Schauspielerin Eva Löbau werden darauf in „Lady Teheran“ entsprechend unterschiedliche Antworten geben. Während sich Reulecke zum Beispiel mit Homosexualität und Transgender-Operationen beschäftigt, setzt Löbau historische Demonstrationen im Iran ins Verhältnis zu den Protestaktionen, die sie selbst aus ihrer Kindheit kennt und überblendet dabei ganz bewusst die Orte und Zeiten. Eingedenk der Tatsache, dass Löbau 1972 in der Baden-Württembergischen Kleinstadt Plochingen geboren wurde, kann man sich die Gegensätze, die da aufeinanderkrachen, in etwa vorstellen.

Die jüngsten Demonstrationen und öffentlichen Proteste infolge des Wahlfälschungsvorwurfs gegen Mahmud Ahmadinedschad bei den Präsidentschaftswahlen im Juni sollen zwar nicht explizit Thema des Abends sein: Ayat Najafi war seit dem Filmstart von „Football under Cover“ nicht in seiner Heimat. Aber implizit spiegelt sich die aktuelle Situation in diesem außergewöhnlichen theatralischen Stadtporträt Teherans natürlich permanent wider.

(11.-13.9. u. 16.-18.9., jeweils 20 Uhr)

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