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The Producers: Der Witz des Schreckens

Dies wird hoffentlich der schlechteste Text aller Zeiten. Eine andere Chance, groß herauszukommen, wird einem ja nicht gewährt. Jedenfalls lehrt einen das die hinreißend komische Musical-Komödie "The Producers", die ab Sonntag im Berliner Admiralspalast zu sehen ist.

In der Stadt hängen überall Girlanden in den Farben des Nazi-Regimes, die dezent auf das Ereignis hinweisen und aussehen, als sei nach einer Grillparty nicht aufgeräumt worden. An der Spielstätte selbst sind monumentale rot-weiß-schwarze Stoffbahnen angebracht, wie sie auch Hitlers Reichskanzlei verziert haben. Statt eines Hakenkreuzes, das aus moralisch-verfassungsrechtlichen Gründen nicht geht, prangt im weißen Kreis eine Brezel. Total unsinnig, aber sehr lehrreich.

Geht es doch um den Siegeszug des schlechten Geschmacks bei diesem mit Preisen überhäuften Musical. Mel Brooks hat die Broadway-Parodie über das Produzentenduo geschrieben, das absichtlich das schlechteste Stück aller Zeiten auf die Bühne bringt, um an dem Flop reich zu werden. „Frühling für Hitler“ heißt das Unwerk aus der Feder eines in glühender Verehrung zum Führer erstarrten bajuwarischen Altnazi – eine unverholene Glorifizierung von Hitlers Personenkult.

Mit derselben Lust an der Demaskierung, die Mel Brooks Kinoerfolge auszeichnen, führt „The Producers“ Juden, Schwule, alte Damen, eitle Schauspieler und verklemmte Ehemänner vor. Da ist der abgehalfterte Theatermacher Max Bialystock, der es reichen Witwen auf seiner Besetzungscouch besorgt und ihnen dafür Anteile an seiner neuen Show abhandelt.

Daneben der neurotische Buchhalter Leo Bloom, der auf den Trick des gewinnenden Verlusts verfällt. Und da ist Ulla, das Traumbild einer schwedischen Blondine, die als Möchtegernshowgirl so schlecht ist, dass es schon wieder gut ist. Jeder kriegt’s ab, und die Freude, über sich selbst zu lachen, wird nur durch das Vergnügen geschmälert, dass es alle anderen noch viel krasser verpasst bekommen. Dass dabei die NS-Ästhetik in schönster Pracht und Einfalt neu ersteht, ist ein Triumph des Pop über die Geschichte.

Nun heißt es, dass mit dem Berliner Gastspiel der Schrecken an den Ort seines Ursprungs zurückkehre. Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Nachdem der Stoff als Hollywoodfilm (1969), als Broadway-Musical (2001), wieder als Kinofilm (2005) und dann als deutschsprachige Bühnenadaption in Wien (2008) herauskam, ist Berlin nur das letzte Testgelände für einen Humor, den Hitler von dieser Stelle aus ausrotten wollte. Man findet ihn in Lubitschs „Sein oder Nichtsein“ ebenso wie in Chaplins „großem Diktator“ oder auch in Danny Levis „Heilt Hitler“.

Auch „The Producers“ erzählt davon, dass wir Hitler als Witzfigur brauchen. Der wahre Ort des Schreckens ist der Broadway. 

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