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Treptower Arena: Jugend in Bewegung

140 Kids tanzen Bartók in der Treptower Arena in einem Mix aus Musikstunde, Entertainment und symphonischer Klangästhetik.

Simon Rattle muss warten. Bevor er den Flöten seiner Berliner Philharmoniker den Einsatz geben kann, braucht er das Okay der Chefin. Erst als sie nickt, hebt er den Arm und die Fuge aus Benjamin Brittens „The Young Person‘s Guide to the Orchestra“ schwirrt in die Treptower Arena. Die Chefin, das ist die 13-jährige Antonia Lukowsky. Mit Philharmoniker-Hornist Klaus Wallendorf führt sie in Form von selbstverfassten Versen durch das Werk. Warum die Oboen „Sorgen lindern“, warum die Celli immer „mit so viel Leid“ erklingen, all das erörtert das ungleiche Paar, und die Philharmoniker veranschaulichen im Klang: Mal süßholzraspelnd, mal weinend, mal feierlich. „Zukunft@BPhil“ heißt das Motto, und schon dieser erste Teil ist ein futuristischer Mix aus Musikstunde, Entertainment und symphonischer Klangästhetik. Was folgt, hat seit 2003 Kultstatus: 140 Jugendliche, die eine von „Rhythm Is It!“-Choreograf Royston Maldoom erarbeitete Performance tanzen, und die Musik so mit energiegeladener Optik verschmelzen. Klang und Bewegung. Dass Rattle dafür Béla Bártoks „Konzert für Orchester“ gewählt hat, hat einen tieferen Sinn. 1943, drei Jahre nach Bartóks Emigration in den USA komponiert, ist das Werk voll schillernder Farben und doch bedrückend.

So wird auch der Tanz zur bunten Geschichte über Flucht, Fremdheit und neue Horizonte. Die Philharmoniker glänzen mit Volksmusik-Pathos im zweiten und affirmativer Moderne im dritten Satz. Gewiss müsste man Bartók in gewohntem Konzertrahmen sachlicher, weniger filmmusikalisch spielen. Aber gewohnt ist an diesem Abend wenig, eben dafür gibt es stehende Ovationen! 

Daniel Wixforth

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