zum Hauptinhalt

Kultur: Bund und Basis

Die Bundeskulturstiftung investiert ihr Geld

Ein Projekt wie aus dem Märchenbuch: 212 000 Grundschulkinder im Ruhrgebiet lernen ein Instrument ihrer Wahl. Die Schulen, an denen Musikunterricht kaum noch stattfindet, holen sich Musiklehrer ins Haus, über 200 000 Instrumente werden angekauft, kostenlos an die Kinder ausgeliehen und, weil so ein Instrument selten unbeschädigt bleibt, gewartet und repariert. 2010, bei den Feierlichkeiten zur europäischen Kulturhauptstadt, soll ein riesiges Grundschulkinderorchester die Stadien füllen. Und das Land Nordrhein-Westfalen so viel Feuer gefangen haben, dass es das Projekt aus eigenen Kräften weiterführt.

Dass Kinder keinen Zugang mehr zur Musik entwickelten, hat zuletzt Bundestagspräsident Norbert Lammert scharf kritisiert. Es sei die Zukunft unserer Kultur, die damit verloren gehe. Wer als Kind kein Instrument erlebt, wird auch als Erwachsener nicht ins Konzert oder in die Oper gehen. Spitzenorchester wie die Berliner Philharmoniker haben das begriffen und investieren viel Zeit und Geld in Jugendmusikprojekte. Auch das Projekt „Jedem Kind ein Instrument“, das die Bundeskulturstiftung als Beitrag zur „Europäischen Kulturhauptstadt 2010“ nun mit 10 Millionen Euro fördert, sieht sich als Beitrag zum kulturellen Erbe. Wie auch die Kooperationsausstellungen zwischen Berlin und St. Petersburg, China und Los Angeles, die Restaurierung von Filmklassikern wie Fassbinders Epos „Berlin Alexanderplatz“, das auf der Berlinale 2007 wiederaufgeführt werden soll, oder eine DVD-Edition des Gesamtwerks von Alexander Kluge.

10 Millionen Euro für das Kinderprojekt sind ein deutliches Signal: „Das ist uns wichtig.“ Und eine Kampfansage an die Länder, die sich gerade erneut der von Kulturstaatsminister Bernd Neumann angestrebten Fusion der Bundeskulturstiftung mit der Kulturstiftung der Länder verweigert haben (vgl. Tsp. vom 16.12.). Schule und Bildung ist Ländersache. Das Projekt „Jedem Kind ein Instrument“ ist nur möglich, weil es ein Beitrag zur Kulturhauptstadt ist. Und weil keines der Länder auf Anhieb 10 Millionen Euro für ein ähnliches Projekt zur Verfügung haben dürfte. Hortensia Völckers, die künstlerische Leiterin der Bundeskulturstiftung, ist im Verlauf ihrer Amtszeit Pragmatikerin geworden und hat gelernt, dass man auf Arbeitsebene auch bei den Ländern viel erreichen kann, selbst wenn die Kompetenzen und Machtverhältnisse offiziell anders liegen. Solcher Pragmatismus täte auch den Ländern gut.

Christina Tilmann

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false