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Baldiger Auszug.Der Mietvertag für C/O Berlin im Postfuhramt in der Oranienburger Straße läuft bis Ende Dezember.

© dapd

C/O Berlin: Gemenge in Mitte

Für den Monbijou-Park gibt es nach wie vor keinen Bebauungsplan, die Zukunft von C/O Berlin steht wieder in den Sternen: Senat und Bezirk streiten um den Verbleib der Fotogalerie, wenige Monate vor dem Ende des Mietvertrags im Postfuhramt.

Zu viel Staat schadet der Kultur. Wenn private Kunstinitiativen ihre Zukunft selbst erwirtschaften müssen, ist das in Ordnung, auch wenn sie so hip und erfolgreich sind wie die Fotogalerie C/O Berlin. Wobei Galerie das falsche Wort ist: C/O Berlin verkauft keine Bilder. Das Forum verdient sein Geld mit Eintrittskarten, Katalogen und Veranstaltungen.

Zu wenig Politik kann der Kultur aber auch schaden. Dass C/O mit Annie-Leibovitz- oder Larry-Clark-Ausstellungen die Kunststadt Berlin bereichert und am bisherigen Standort, dem historischen Postfuhramt in Mitte, für Furore sorgt, ist dem Bezirk und dem Land nicht egal. Anständige Rahmenbedingungen für das Forum zu schaffen und sich darum zu bemühen, dass C/O nicht wegen horrender Mietforderungen die Stadt verlässt, war den Politikern in Mitte eine ebenso freudige Pflicht wie Berlins oberstem Kulturmeister Klaus Wowereit und seinem Kulturstaatssekretär André Schmitz.

Als die Tage des Fotografie-Zentrums wegen des neuen Postfuhramt-Investors Elad in Mitte gezählt waren, bemühte man sich jedenfalls gemeinsam um eine Bleibe, die im Herbst 2011 gefunden war: der Monbijou-Park mit seinen alten Atelierhäusern. Einstimmig beschloss die Bezirksverordnetenversammlung am 15. September 2011, den Weg dafür freizumachen. Das hießt auch, den Bebauungsplan entsprechend zu ändern, der dort nur Grünfläche vorsieht. Ausgerechnet jetzt, wo das Postfuhramt erneut den Besitzer wechselt (Tsp. vom 24.8.), scheint sich jedoch herauszustellen: All das war eine Luftnummer. Um die Ateliers auch nur geringfügig umzurüsten, muss tatsächlich ein neuer Nutzungsplan für den Park her, sagt Mitte-Baustadtrat Carsten Spallek. Und das dauert, ein Jahr oder länger, schon wegen der Bürgerbeteiligung. Kulturstadträtin Sabine Weißler erläutert auf Nachfrage, dass die Ateliers ohnehin nur als Notunterkunft infrage kämen, das wüssten alle Beteiligten seit Februar. Schon die Nutzung für die senatsgeförderte Ausstellung „Based in Berlin“ im Sommer 2011 sei illegal gewesen.

Der BVV-Beschluss vom Vorjahr ist für die neue Bezirksverwaltung in der Tat nicht bindend – juristisch korrekt, in der Sache schwer verständlich. Weißler jedenfalls schlägt vor, über einen anderen, planungsrechtlich unproblematischen Standort nachzudenken und auf jenem zunächst für die Errichtung eines Riesenrads vorgesehenen Grundstück am Zoo einen temporären Bau zu installieren. Die Kostenfrage sei allerdings offen.

Alles zurück auf Los, vier Monate, bevor der Mietvertrag im Postfuhramt ausläuft? André Schmitz ist ungehalten ob des Hin und Her, zumal die Bezirks-Mehrheit für die Monbijou-Lösung nach seinen Informationen weiterhin steht, trotz der juristisch kniffligen Lage. Er appelliert an die Verantwortlichen: „Wir gehen davon aus, dass der Bezirk Mitte weiß, was er an dieser großartigen Kultureinrichtung mit nationaler und internationaler Ausstrahlung hat und stolz darauf ist.“ Er erwartet, dass Mitte alles dafür tut, „den Beschluss der BVV vom Herbst 2011 zügig umzusetzen und für die Übergangszeit eine temporäre Lösung zu ermöglichen“, so dass C/O Ende dieses Jahres in die Atelierhäuser umziehen könne. „Die Kulturverwaltung sei deshalb auch gerne bereit, „die Atelierhäuser als Liegenschaft in das Fachvermögen des Landes zu übernehmen“. Im Klartext: Berlin bietet an, den Bauunterhalt und die laufenden Kosten zu tragen. Die finanzielle Entlastung sei dem Bezirk bereits mehrfach zugesichert worden.

Verquere Welt: Seit Monaten zahlt C/O Berlin wie ein ordentlicher Mieter für Strom, Wasser und Versicherungen im Monbijou-Park, darf aber nicht das Geringste verändern und wird dort folglich kaum wertvolle Fotokunst zeigen können, die sichere Räumlichkeiten braucht. Ihr Leiter Stefan Erfurt wollte zwar in diesem Herbst dort bereits ausstellen, hat es aber bis zum Juni versäumt, Pläne vorzulegen, auf deren Grundlage der Bezirk die Zusage von 2011 wahr machen könnte. Der Bezirk wiederum macht still und leise einen Rückzieher und ignoriert den Zeitdruck. Und das Land appelliert, kann es aber nicht richten. Mit Konfusion und leeren Versprechungen ist der Kultur noch mehr geschadet als mit zu viel oder zu wenig Staat.

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