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Kultur: Chaos, finster

Theorie der Verschwörung: Dammbecks „Das Netz“

Manchmal werfen Filmleute schweren Herzens eine spannende Geschichte weg, weil sie sich nicht bebildern lässt. Die Unvollständigkeitssätze des Mathematikers Kurt Gödel könnten so ein Fall sein. Sie behaupten sinngemäß, dass es in jedem formal-logischen System Probleme gibt, die nicht lösbar sind. Mit dieser philosophischen Erkenntnis erschütterte Gödel 1930 die Fachwelt. Aber eben nur sie. Die Kybernetik, der zufolge der Mensch nur eine Art Computer ist, ist auch nicht viel populärer.

Der Dokumentarfilmer Lutz Dammbeck hat aus solchen Fragen einen Zweistundenfilm gemacht. Für „Das Netz“ reiste er quer durch die USA und besuchte Wissenschaftler, die sich schon vor Jahrzehnten mit Netzwerken befasst haben, die Computern den Datenaustausch und Menschen die Überwachung von Menschen erlauben. Die Männer geben bereitwillig Auskunft. Nur über einen Kollegen wollen sie nicht reden: Über den einst begnadeten Mathematikprofessor Ted Kaczynski, der als „Unabomber“ zwei Jahrzehnte lang Sprengsätze an Wissenschaftler und Fluggesellschaften schickte, bis ihn das FBI nach einer Serie von tödlichen Bombenanschlägen 1995 verhaftete. Dabei ist es das Phänomen des Unabombers, das Dammbeck am meisten interessiert. Nur will Kaczynski im Gefängnis nicht besucht werden, sondern schreibt lieber Briefe. Dammbeck verliest sie aus dem Off, während triste Halbwüsten am Autofenster vorüberziehen oder alte Filmschnipsel über das Display seines Laptops flimmern. Zwischendurch sitzen Menschen am Schreibtisch und enttäuschen den Gast mit ihrer Weigerung, sich zum Mörder Kaczynski zu äußern.

„Das Netz“ ist ein unfertiges Puzzle, das gleichwohl nicht im Chaos endet. Wer noch mehr wissen will: Dammbecks Recherche ist auch in Buchform erschienen, mit dem Untertitel „Die Konstruktion des Unabombers“ (Edition Nautilus, 190 S., 13,90 €).

Brotfabrik, Dokument-Kino

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