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Nach dem Pariser Anschlag. Cover von „Charlie Hebdo“ am 17. März 2015.

© AFP

Charlie Hebdo: Was darf Satire?

In der Berliner Akademie der Künste diskutierten Religionsvertreter und Cartoonisten , darunter auch Tagesspiegel-Karikaturist Klaus Stuttmann

Wir müssen mehr reden. Es ist dieser eine Satz, den Klaus Staeck, Präsident der Akademie der Künste, am Ende einer scharfen und über weite Strecken unübersichtlichen Diskussion kraftvoll in sein Mikro spricht. Es ist dieser eine Satz, der so banal klingt, so einfach, so selbstverständlich. Der die Debatte am besten zusammenfasst und dem alle Diskussionsteilnehmer uneingeschränkt zustimmen. Es ist auch einer der wenigen, dem sie überhaupt alle zustimmen können.

Wie Staeck ausführt, hat die Diskussion vor allen Dingen eines zu Tage gefördert: Es besteht auch zwölf Wochen nach dem mörderischen Anschlag auf „Charlie Hebdo“ noch Redebedarf. Redebedarf zwischen den Diskutanten, aber vor allen Dingen zwischen den Kulturen. Fast zwei Stunden diskutiert Staeck mit den Karikaturisten Katharina Greve („Titanic“), Til Mette („Stern“) und Klaus Stuttmann, der für den Tagesspiegel zeichnet, mit dem Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung, Thomas Krüger, und Aiman A. Mazyek, dem Vorsitzenden des Zentralrats der Muslime in Deutschland zum Titel „Nicht einknicken! – 12 Wochen nach Charlie Hebdo“. Es ist ein an Themen reiches Gespräch. Sie sprechen über Angst unter Karikaturisten, über Meinungsfreiheit, Kunstfreiheit, über Religionsgefühle, über Motive, über Extremismus. Und immer klingt eine Frage mit: Was darf Satire? Zu einem Ergebnis kommen sie nicht.

Satire darf nicht gegen das Grundgesetz verstoßen, sagt Klaus Stuttmann

Vielleicht kann man das auch nicht. Zu breit sind die Themen, zu schnell ihr Wechsel, zu unterschiedlich die Ansätze. Was also darf Satire? „Alles“, sagt Til Mette. „Alles, aber nicht gegen das Grundgesetz verstoßen“, sagt Klaus Stuttmann, außerdem sei das Verständnis über Satire in diversen Kulturen verschieden. „Satire funktioniert nicht global“, sagt Greve.

Wie könnte sie auch, ist sie doch immer eine Provokation der Mächtigen und eine Verteidigung der Schwachen. Aber sind Muslime denn so stark und mächtig, dass man sie mit Satire attackieren muss, fragt Mazyek indirekt und wird sofort unterbrochen. Muslime an sich kritisiere niemand, nur den Missbrauch der Religion, kommt es zurück. Es brauche Verständnis, wirft Mazyek ein. Dann wechselt das Thema schon wieder. Am Ende bleiben viele solcher Episoden in Erinnerung. Sie sind vor allen Dingen eins: Denkanstöße. Wo hört Satire auf? Wo verletzt sie die Würde anderer Menschen? Wir müssen mehr reden. Es ist dieser Satz, der hängen bleibt. Denn wie Klaus Staeck sagt: „Wir können das hier nicht ausdiskutieren, aber wir können für Verständigung sorgen.“ Dazu hat diese Diskussion am Hanseatenweg einen Beitrag geleistet.

Nils Wischmeyer

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