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Kultur: Charme, Charme

Willy Egger, Film-HerstellungsleiterVON ECKART LOTTMANNEigentlich hätte er genug zu tun: Als Herstellungsleiter für die "Rialto-Film" produziert er derzeit fünf lange Filme zu bisher nicht verfilmten Edgar-Wallace-Romanen, alle fünf sind in der Endfertigung.Aber Willy Egger, seit über fünfzig Jahren in der Filmbranche, gibt noch nebenher dreitägige Seminare über Film- und Fernsehproduktion.

Willy Egger, Film-HerstellungsleiterVON ECKART LOTTMANNEigentlich hätte er genug zu tun: Als Herstellungsleiter für die "Rialto-Film" produziert er derzeit fünf lange Filme zu bisher nicht verfilmten Edgar-Wallace-Romanen, alle fünf sind in der Endfertigung.Aber Willy Egger, seit über fünfzig Jahren in der Filmbranche, gibt noch nebenher dreitägige Seminare über Film- und Fernsehproduktion.Ein Workaholic, doch - als gebürtiger Wiener - einer der charmanten Art.Eigentlich wollte er Schauspieler werden.Kurz vor Kriegsende spielte er, knapp 16 Jahre alt, in Wiener Lazaretts vor verwundeten Soldaten in Stücken wie "Das Käthchen von Heilbronn".Doch als wieder Frieden war, sah Willy Egger zufällig einen Film-Dreh auf der Straße in Aktion, griff einfach mit zu und hatte am Abend seine ersten fünf Mark beim Film verdient.So unkompliziert ist er geblieben.Und so unkompliziert gibt er sich, als er acht jungen Leuten im Seminar die Schritte einer Filmproduktion erklärt.Für 350 Fernseh- und 150 Kinofilme hat er gearbeitet.Das letzte Projekt, fünf Filme in 110 Drehtagen am Stück zu realisieren, war eine ganz besondere organisatorische Herausforderung.Unvorhersehbare Zwischenfälle zwingen zum Improvisieren.Das klappt aber nur, wenn die "Arbeit Spaß macht" und die Mitarbeiter wie eine "gut organisierte Familie" seien.Einer muß dabei den Vater spielen, und das ist Egger.Auf Ordnung, Planung und sogar effektive Ablagesysteme legt er großen Wert."Preußisch erzogen" sei er, aber eigentlich ein fauler Mensch."Ich muß streng sein zu meinen Mitarbeitern, damit ich mich hängen lassen kann", sagt er mit entschuldigendem Lächeln.Egger kokettiert natürlich.Er ist morgens einer der ersten am Drehort und abends einer der letzten.Er schaut nach jeder Kleinigkeit, tröstet die Frustrierten, hört ihnen zu beim Kaffeetrinken.Egger hat in den fünfziger und sechziger Jahren mit Stars wie Curd Jürgens, O.W.Fischer, Lilli Palmer, Vittorio de Sica, Heinz Rühmann, Ingrid Bergman und Gert Fröbe gearbeitet.In den letzten Jahren organisierte er als Produktions- oder Herstellungsleiter Filme von Otto Waalkes, Loriot und Hape Kerkeling, stellte Crews und Logistik für Produktionen großer amerikanischer Filmcompanies in Berlin zur Verfügung.Mit Schauspielern und Regisseuren sei er immer gut ausgekommen, sagt Egger - außer vielleicht mit dem Amerikaner Richard Widmark.Damals, 1960, habe Widmark einmal das Team eine ganze Stunde lang warten lassen.Natürlich war Egger sauer, wie alle anderen."Excuse me", sprach er Widmark an: "Ich habe als Aufnahmeleiter noch nicht so viel Erfahrung, ich möchte gern wissen: Ist es in Amerika üblich, daß ein Schauspieler das Team eine Stunde lang warten läßt?" Nein, das sei in Amerika nicht üblich, knurrte der Amerikaner.Und es wurde dann auch bei diesem Dreh nicht üblich, erinnert sich Egger.Natürlich, die Regisseure seien oft im Streß.Im Auto, auf der Fahrt morgens zum Drehort, da schimpfe mancher sehr.Er, Egger, sei dafür da, daß er sich das anhöre."Der Regisseur muß sich auskotzen können.Es ist wie eine Waschmaschine, es wird alles gedreht und kommt dann sauber raus."Doch kommunikative und organisatorische Fähigkeiten allein machen noch keinen guten Produktionsleiter aus."Man muß vorausdenken", sagt Egger.Wie damals, als sie auf dem Dach eines New Yorker Hauses drehen wollten.Am Tag vorher vergewisserte sich Egger, ob alles in Ordnung war - und entdeckte, daß der Fahrstuhl nicht funktionierte: noch eben Zeit genug, um den Transport des Equipments über einen Kran organisieren."Professionalität, Übersicht und viel Charme" sind für ihn wichtige Eigenschaften eines Produktionsleiters.Er drückt es so aus: "Ich würde mit meinem Mörder so lange reden, bis der sich selber erschießt."Für das Privatleben hat er bei seinem lebenslangen Arbeitseifer nicht viel Zeit gehabt.Seine Ehe habe er etwas vernachlässigt, sagt er einmal beiseite, aber habe eine tolle Frau gehabt, die halt mehr für die drei Kinder habe tun müssen.Zwei Herzanfälle hat er schon hinter sich.Seitdem versucht er, sich etwas mehr Ruhe zu gönnen, hört klassische Musik zum Tagesanfang."Und wenn du dann kommst und sagst, die Welt bricht ein, denke ich an die Kleine Nachtmusik!" Und warum hält er die Seminare ab, zusätzlich zu seiner Arbeit? "Weil ich es meinem Freund Billy Wilder versprochen habe.Der hat zu mir gesagt: ÕBilly, du hast so viel Erfahrung, das mußt du einfach weitergeben an die jungen Leute!" Nächstes Seminar vom 15.bis 17.Mai, Kontakt: Rialto-Film, Tel.261 17 91.

ECKART LOTTMANN

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