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Christian Frascella hat mit "Bet empört sich" einen spannenden Jugendroman vor dem Hintergrund der Krise in Italien geschrieben.

© privat

Christian Frascella: Roman "Bet empört sich": Auf Kriegsfuß mit der Welt

Christian Frascella erzählt von einer kämpferischen Jugendlichen im krisengeschüttelten Italien.

„Ich heiße Bet. Eigentlich Elisabetta, aber Bet ist besser. Ist mir lieber. Bloß nicht Betta. Betta ist zum Kotzen. Betta heißen dumme Tussis. Ich will eine ganze Menge, aber auf keinen Fall als dumme Tussi enden.“ So beginnt der aufregende Roman „Bet empört sich“ von Christian Frascella. Der Ton ist gesetzt mit diesem Stakkato; von Bet, die in einem heruntergekommenen Viertel von Turin lebt, kann man etwas erwarten. Der Roman spielt im Italien der Krise und der Arbeitslosigkeit, der Streiks und der Perspektivlosigkeit. Bet steht immer unter Strom, wehrt sich gegen plumpe Anmache in der Bar, sie hat ihren eigenen Kopf und sagt das jedem, der es nicht hören will.

„Mein Credo ist: Wenn du etwas zu sagen hast, dann sag es. Wenn du es schreiend sagen musst, soll das bedeuten, dass sich die Mühe lohnt. Nur Gewalt darf man nicht anwenden“, sagt Bet zu sich selbst. In ihrem Haus wohnen auch Rumänen und Nordafrikaner. Die Tochter, zwanzig, verschleiert, „würde ich gerne mal an den Schultern packen und schütteln“, doch sie lässt es. Bet nimmt ihre Umwelt wahr, die lärmenden Rumänen, den Spanner, von dem sie sich beobachtet fühlt. In der Schule ist die Gymnasiastin kein As, der Vater hat die Familie verlassen und die Mutter kämpft in ihrem Betrieb für Arbeitnehmerrechte.

Frascella erzählt mit einer frischen packenden Sprache einer Jugendlichen, die in diesem Italien ihre Chance sucht, aber mit den Widrigkeiten des Lebens zu kämpfen hat. Sie wirkt wie eine Boxerin, ständig auf den Fußspitzen tänzelnd, immer zu Abwehr oder Angriff bereit. Mit ihrer Mutter ist sie auf Kriegsfuß, deren konfliktscheuen Freund Leonardo mit typischer abwiegelnder Angestelltenmentalität nimmt sie nicht ernst und kann es kaum erwarten, volljährig zu werden, um dem Elend zu entfliehen.

In der Schule eckt sie auch an, einzig mit Andrea, einem politisch engagierten Mitschüler und ihrer schwangeren Freundin Viola versteht sie sich gut, sie geben ihr Halt in dieser schwierigen Zeit, in der zu allem Überfluss auch noch der Arbeitsplatz der Mutter in Gefahr ist. Andrea ist so anders, ruhig, klar strukturiert. Er vermisst Bet auf Demonstrationen und Bet wird immer ganz anders, wenn er in ihrer Nähe ist. Aber sie lässt diese Gefühle zunächst nicht zu.

Ungerechtigkeit kann Bet überhaupt nicht ertragen, und so legt sie sich mit der Polizei an, als diese die Wohnung einer alleinstehenden älteren Dame räumen will. Bet ist eben eine Kämpferin. Immer wieder eckt sie an, aber man hat manchmal das Gefühl, sie weiß selbst nicht, wohin sie mit all ihrer Energie soll. Frascella, der sich bei der Schilderung des schulischen Milieus von Schülern beraten ließ, zeichnet das Bild einer toughen Kämpferin, die es alleine mit der ganzen Welt aufnehmen will, um der Gerechtigkeit zum Sieg zu verhelfen. Dabei übersieht sie manchmal Signale, die ihr vielleicht helfen könnten. Man möchte sie als Leser manchmal schütteln, doch es dauert eine ganze Weile, bis sich etwas ändert und man etwas von Bets dunklem Geheimnis erfährt, das sie mit sich herumschleppt. Man erfährt es während einer spektakulären Aktion, die hier nicht verraten werden soll. Jeder muss seine Erfahrung mit Bet machen. Ein Roman voller Wut, Ironie und Empathie, das Bild einer Generation, die sich nicht aufgeben will und um ihren Weg kämpft. Dass sie dabei Unterstützung bekommt, ist eine wertvolle Erfahrung.

Christian Frascella: Bet empört sich. Aus dem Italienischen von Annette Kopetzki. Frankfurter Verlagsanstalt, Frankfurt am Main 2015.

286 Seiten. 16,90 Euro. Ab 14 Jahren.

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