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CITY Lights: Aktuelle Zeitreisen

Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 gab es ein inoffizielles Bilderverbot, an das sich heute kaum jemand erinnern mag.

Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 gab es ein inoffizielles Bilderverbot, an das sich heute kaum jemand erinnern mag. Jeder Actionfilm, in dem auch nur ein Auto explodierte, wurde als obszön empfunden oder gleich aus dem Programm genommen. Noch im Februar 2002 erzeugte Arnold Schwarzenegger mit „Collateral Damage“, trotz einer mehrmonatigen Startverschiebung, großes Unbehagen. Die Verbindung von Schaulust mit Schrecken, ein zentraler Bestandteil des Mediums, wird angesichts realer Katastrophen immer wieder angefochten. Roland Emmerich kann froh sein, dass sein Weltuntergangsspektakel „2012“ nicht gerade jetzt ins Kino kommt. Selbst die echten Bilder aus Japan werfen Fragen auf, wie nah die Kamera an die Opfer gehen darf.

Das Zeughauskino muss auf die Katastrophe nicht reagieren, denn es hat ohnehin eine Japan-Reihe im Programm. 17 Produktionen aus den letzten vier Jahren werden gezeigt, ohne „Godzilla“-mäßige Verwüstungen, aber mit dem Tod als Leitmotiv. Der überraschende Oscar-Gewinner Nokan – Die Kunst des Ausklangs (Sonnabend) ist hierzulande bekannt. Yojiro Takita erzählt die Geschichte eines Cellospielers, der aus finanzieller Not die Branche wechselt und Leichen für ihre Aufbahrung zurechtmacht. In Keiichi Haras Anime Colorful (Sonntag, in Anwesenheit des Regisseurs) geht es um Seelenwanderung und die Notwendigkeit, sich in einen fremden Verstorbenen hineinzuversetzen. Trauerarbeit ist das Thema von Masahiro Kobayashis The Rebirth (Mittwoch), in dem ein Mann, dessen Tochter ermordet wurde, mit der Mutter des Mörders konfrontiert wird.

Wie es der Zufall will, stand auch ein Film über atomare Bedrohung auf dem Programm, bevor das Kernkraftwerk Fukushima außer Kontrolle geriet. Jan Schmidts Late August at the Hotel Ozone (Montag im Passage-Kino Neukölln, Dienstag im Thalia Babelsberg) gehört zu den vergessenen Meisterwerken des Prager Frühlings und zeigt, wie neun Frauen in einer postapokalyptischen Welt einen Mann suchen, der zur Fortpflanzung taugt. Im Hotel Ozon werden sie fündig, doch der Mann ist sehr alt. Der Film entstand in einer echten Geisterstadt: Das nordwestböhmische Duppau wurde nach der Vertreibung der Deutschen als Militärgebiet genutzt.

Auch an Ägypten hat das Zeughauskino schon gedacht, bevor das Volk auf die Straße ging, an ein Pappmaché-Ägypten. Die Reihe Antike Welten im Stummfilm zeigt am Freitag „Griechenland und Rom“ mit Caesar, Cleopatra und dem Untergang von Troja. Am Sonnabend sind „Ägypten und die Bibel“ dran, mit Kain und Abel, Moses, David und Goliath, Judith und Holofernes sowie Jesus. Hoch leben die eskapistischen Fantasien!

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