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CITY Lights: Feuer und Pappe

Das Kinosterben in Westberlin ist fast schon Routine geworden. Da freut man sich doppelt, wenn so kurz nach der Schließung der Kurbel eine Rettung zu vermelden ist.

Das Kinosterben in Westberlin ist fast schon Routine geworden. Da freut man sich doppelt, wenn so kurz nach der Schließung der Kurbel eine Rettung zu vermelden ist. Dem Bundesplatz-Studio drohte das Aus, aber seit dem 23. Oktober werden dort wieder Filme gezeigt. Das Haus mit 88 Sitzplätzen heißt jetzt BundesplatzKino; die neuen Mieter – Martin Erlenmaier und Karlheinz Opitz von den EvaLichtspielen, Peter Latta vom Fotoarchiv der Deutschen Kinemathek – zeigen sonntags als Matinee einen Berlin- und montags einen Nachkriegszeit-Film. Den Anfang bei der Montagsreihe macht Peter Lorres einzige Regiearbeit Der Verlorene, ein schwermütiges Drama über einen Serienmörder (Lorre), der von der NSFührung gedeckt wird, weil man ihn in der Forschung braucht. Der Film hatte das Pech, unmittelbar nach einer Reprise von Fritz Langs Kindermörder-Klassiker „M“ zu starten: Der Star war inzwischen 20 Jahre älter und von Drogen gezeichnet. Gerade das Wissen um seine Sucht trägt heute zur Faszination des Films bei, der 1951 beim Publikum durchfiel.

Selbst ein banaler, als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme gedachter Film kann durch seinen historischen Kontext aufgewertet werden. Das gilt für Fritz Kirchhoffs Komödie Eines Tages, die als Überläufer gilt (Mittwoch in den Eva-Lichtspielen). Überläufer sind Filme, die bei Kriegsende abgedreht waren, aber nicht gezeigt werden konnten, da die Kinos in Schutt und Asche lagen. Heute ahnt man die Bilder hinter den Bildern, die Trümmer hinter den Pappkulissen, stellt sich vor, wie Hauptdarstellerin Magda Schneider zwischen den Aufnahmen nach ihrer siebenjährigen Tochter Romy sah, spürt die Angst ihrer norwegischen Kollegin Kirsten Heiberg vor der Rache ihrer Landsleute, die sie als Verräterin betrachteten. Filme, die die Realität ausklammern, können sie dennoch wiedergeben. Denn alles, was die Kamera festhielt, war echt.

Zu den interessantesten Randfiguren des Kinos gehören jene Regisseure, die das breite Publikum erreichen möchten, denen aber das Geld fehlt. Sie sind Außenseiter wider Willen; was sie produzieren ist weder Kunst noch Kommerz. 1950 entstand auf einer kalifornischen Ranch unter Regie von Gregg C. Tallas die TrashPerle Prehistoric Women (Freitag im Z-inema). Darin werden Steinzeitmänner von Steinzeitfrauen unterjocht, bis einer von ihnen das Feuer entdeckt und die Frauen ihre Führung freiwillig abgeben. Seinen mittleren Kultstatus verdankt der Film der fehlenden Konkurrenz: Der Steinzeitfilm hat sich als Genre nie etabliert.

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