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CITY Lights: Flachware vom Feinsten

Horror ist was für Jungs. Sagt man.

Horror ist was für Jungs. Sagt man. Doch die Feminisierung schreitet auch in der Filmrezeption voran. Neuerdings wird in Berlin regelmäßig Kino-Horror angeboten, und tatsächlich stecken zwei Weiber hinter dem Programm. Eiszeit-Leiterin Suzan Beermann und Hendrike Bake laden freitags spätabends zum Gruseln, und ihr „Adult Horror Movie“ tut mit Blog und eigenem Manifest („Angst ist ein ernstes Geschäft“) alles dafür, das Genre ins seriöse Fach hinüberzuziehen. Diesen Freitag kommt mit John Carpenters Das Ding aus einer anderen Welt (1982) ein astreiner Männerfilm zum Einsatz. Einst von der Kritik als Totalflachware verrissen, ist er längst zum GenreKlassiker aufgestiegen. Und wirklich: Im Zeitalter digitaler 3-D-Alleskönnerei wirken die damals analog zusammengefummelten Körpermutationen und Ekelspinnenbeine schwer ehrfurchtgebietend, und der Plot um die in der Antarktis gegen einen Außerirdischen kämpfenden Männer lässt sich zeitlos neu deuten.

Eis und Schnee satt bietet auch der letzte Film der 1938 in der heutigen Ukraine geborenen Regisseurin Larissa Schepitko, deren Werk derzeit im Arsenal vorgestellt wird. In Der Aufstieg (Sonnabend) macht nicht nur das meteorologische Setting frösteln. Zwei zur Nahrungsbeschaffung in den weißrussischen Wald gesandte Partisanen werden von deutschen Truppen festgesetzt und gefoltert. In dem kunstvoll inszenierten und 1977 mit dem Goldenen Bären bedachten Schwarz-Weiß-Stück geht es um Verrat und Opfer, mit reichlich Anspielungen an die Passionsgeschichte. In der Nachkriegszeit spielt Flügel (Freitag): In der 1966 in der Tauwetter-Periode gedrehten Psychostudie hadert eine Ex-Kampfpilotin mit ihrem Zivilleben als Lehrerin und der Frauenrolle. 1979 starb Schepitko bei einem Autounfall während der Vorarbeiten zu Abschied von Matjora (Dienstag), der sowjetischen Variante des neu erwachten ökologischen Weltbewusstseins. Später stellte ihr Ehemann Elem Klimov den Film fertig.

Kampfpilot war auch der Held von Wolfgang Neuss’ Genosse Münchhausen (Sonnabend im Zeughaus) gewesen, doch der niedersächsische Landwirt landet als Spion in der UdSSR und bald als sowjetischer Astronaut nicht auf der Venus, sondern an der Nordsee. Leider bleibt, was hier Satire werden sollte, träge Klamotte – allerdings ist die Chuzpe bewundernswert, mit der Neuss 1962 für sein nicht eben staatstragendes Werk 178 000 DM von der damaligen Bundeszentrale für Heimatdienst ergatterte. Vermittler war Gerhard Schröder, den Neuss auf Sylt kennengelernt hatte. Hallo Niedersachsen, da war doch mal was! Doch Vorsicht: Dieser Gerhard, damals Außenminister, starb 1989. Und er war in der CDU.

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