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CITY Lights: Gemeinsam sind wir stärker

Kulturelle Kooperationspläne, so groß sie auch angekündigt werden mögen, gehen gern mal schief. Doch Synergie muss kein Unwort sein.

Kulturelle Kooperationspläne, so groß sie auch angekündigt werden mögen, gehen gern mal schief. Doch Synergie muss kein Unwort sein. Dass unabhängige Kinos projektweise kooperieren, geschieht zwar nicht allzu oft, hat wegen der gewaltigen Transportkosten bei aufwendigeren Vorhaben aber Sinn. So wie bei den Kreuzberger Kinos fsk und Eiszeit, die ab heute gemeinsam die „Dok Film Woche“ mit 16 aktuellen Dokumentarfilmen bestreiten. Geboren wurde die Idee aus der Not, viele der in die Welt drängenden Dokus im regulären Kinobetrieb nicht mehr unterbringen zu können. Eine lobenswerte Sache also, auch wenn manche der Filme wie Bettina Brauns anrührender Langzeit-Zweiteiler mit jungen Kölner Migranten Was lebst du?/Wo stehst du? (Freitag im Eiszeit, Sonntag im fsk) oder Tom Fassaerts Porträt einer Stadt in der Krise De Engel van Doel (Sonntag im fsk) schon kurz in Berlin gezeigt wurden.

Migration und der Wandel von Städten und Landschaften sind Leitmotive des Programms. Rainer Komers zeigt zwei Filme aus einer Serie zu Orten, die aus unterschiedlichsten Gründen Zerstörungen erlitten – Kobe in Japan wurde 1995 durch ein Erdbeben verwüstet, Ma’rib, die jemenitische Wüstenoase, wurde von Dammbrüchen und Dürre heimgesucht. Komers, der in seinen Filmen selber präzise und ökonomisch die Kamera führt, komponiert beide Ortsbeschreibungen aus einem kommentarlosen Mosaik aus Alltagsbeobachtungen, rhythmisch begleitet durch einen aus Originaltönen gestalteten Soundtrack (Sonntag im fsk, Montag im Eiszeit).

Üblicher als das Zusammenspiel zwischen Kinos ist die projektorientierte Kooperation zwischen Kino- und Ausstellungsmachern. So zeigt die Galerie Neurotitan noch bis 18. August die vom Goethe-Institut Mexiko-Stadt konzipierte Ausstellung „De mi barrio a tu barrio / Urban Heartbeat“, die eine Straßenkunst-Tournee des Künstlers Jim Avignon durch Zentralamerika dokumentiert. Begleitend präsentiert das nahe Central-Kino aktuelle mittelamerikanische Filme. Wie eine Spielfilmvariante von Komers’ dokumentarischen Bild/Ton-Kompositionen wirkt der beeindruckend genau und schön kadrierte und montierte Jean Gentil (heute und Mittwoch) von Israel Cárdenas Ramírez und Laura Amelia Guzmán. Der Film begleitet einen durch das Erdbeben arbeits- und heimatlos gewordenen haitianischen Lehrer auf seiner depressiven Reise ins Herz der Finsternis – und schwelgt in Naturbildern des wilden Landesinneren der Insel, das zum Seelenspiegel und religiösen Reflektionsraum wird. Die titelgebende Insel in Uli Stelzners Doku La Isla (Dienstag) ist ein Geheimgefängnis der guatemaltekischen Nationalpolizei mit einem Archiv, das 2005 durch eine Explosion in einem nahen Munitionslager seinen brisanten Inhalt preisgab: gigantische Aktenberge, die von zigtausendfachem Mord und der gewaltsamen Repression demokratischer, indigener und gewerkschaftlicher Aktivitäten durch nationale Kräfte und die CIA über Jahrzehnte künden. Mittlerweile arbeiten 190 Menschen im Archiv und setzen auf eine friedliche demokratische Zukunft des Landes. Doch der Blick nach draußen ist ernüchternd.

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